Freitag, 3. April 2015

Verzicht von Haarkosmetik

Als ersten Beitrag für Selbstexperimente möchte ich etwas über den Verzicht von jeglicher Haarkosmetik erzählen, dem Versuch, den ich mich mit ein paar Anläufen schon seit etwa 6 Monaten widme.
Warum es so schwer fällt?
Liegt doch auf der Hand, ich bin eine Frau und die Werbung und Gesellschaft suggeriert mir quasi rund um die Uhr, dass es das größte Bedürfnis einer jeden Frau ist, glänzendes, leuchtendes, duftendes und voluminöses Haar zu haben. Zu meiner persönlichen Last bekämpfe ich seit ca. 20 Jahren mein Schuppenproblem mit aggressiven Shampoos, um sie danach wieder sanft und duftend zu spülen und den finalen Abschluss fand ich oft in dem zusätzlichen Besprühen des Lieblingsparfums ins feuchte Haar. Diese Prozedur fand oft täglich statt, wobei ich aufgrund meiner langen Haare nicht mal Zeit fürs Styling verbrachte. Also ernsthaft, hat mal jemand von euch ausgerechnet wieviel Zeit er für die Haare aufbringt, von dem Geld mal ganz zu schweigen.
Es sei hier auch nur mal kurz erwähnt, dass die Haare dem Schutz vor Kälte und Verletzungen dienen.
Also der Idee, das Grundbedürfnis aus dieser Prozedur zu filtern, geht natürlich das Selbstexperiment voran. Nachdem ich in meiner Phantasie das Bild des Steinzeitmenschen mit verfilzten Haaren durch Kontakte zu lebendigen Menschen, die Alternativen zu Shampoo nutzen, verdrängen konnte, fühlte ich mich dem Gedanken gleich vertrauter und entfernte jegliche Haarkosmetik. Zunächst wurden die Haare fast täglich gründlich und exzessiv mit Wasser pur gewaschen, aber so wirklich zufrieden hat mich das nicht gestimmt. Mal abgesehen von dem extremen zu erwartenden Nachfetten wurde ich das Gefühl einer schmutzigen Ölschicht auf den Kopf nicht los. Ich versuchte es dann mit einen in Wasser aufgelösten Teelöffel Natron und siehe da, mein Haar wurde quietschsauber. Ich war total begeistert, denn dieser Zustand hielt genau 10 Tage an, ehe ich das Gefühl hatte, ich müsste wieder waschen. Mal ehrlich 10 Tage ohne Haare waschen klingt doch himmlisch. Dazu die tägliche mechanische Reinigung in Form von gutem durchbürsten der Haare und fertig. Zugegeben, dieses seidige Gefühl von silikonverklebten Haaren habe auch ich anfangs vermisst, aber nach ca. 3 Monaten heilte sich das Haar von selbst.

Jetzt bin ich in einen Haarwaschrythmus von ca. alle 2,5-3 Wochen, dazu noch ne kurze Spülung aus Wasser und Apfelessig, manchmal ein wenig Olivenöl in die Spitzen gerieben und das morgenliche Bürsten. Das ganze kostet mich 2-3 Stunden im Monat an Zeit und 70 Cent an Geld.

An dieser Stelle die ernstgemeinte Frage: Macht mich der Verzicht von Haarkosmetik nun ärmer oder reicher?


Sowohl in Lebensqualität als auch im materiellen Verhältnis?  Durch das wenige Haarewaschen spare ich nicht nur extrem viele natürliche Ressourcen ein wie zB. Wasser und Strom, auch mein Geldbeutel wird geschont, der Plastikverbrauch gesenkt und nicht zu vergessen den täglichen 30 Minuten längeren Schlaf. Ganz ehrlich, in diesen Fall hat mich der Verzicht auf ganzer Linie bereichert, auch wenn ich das Schuppenproblem noch nicht ganz vom Tisch habe.

 

Urlaub ohne Geld geht nicht? Geht doch!

Fährst du schon wieder in Urlaub? Du hasst ja ein Leben. Du musst ja massig viel Geld verdienen, dass du dir so oft Urlaub leisten kannst. Wie machst du das nur? Diese und andere Fragen bekomme ich oft zu hören und dabei ist die Formel so simpel. Je minimalistischer unser Lebensstil, desto mehr können wir uns leisten. Kurz zu mir, ich wohne recht bescheiden in einer kleinen Wohnung, da ich für mich mal ausgerechnet habe, dass wir nur rund 75 Stunden die Woche in der Wohnung verbringen, wovon rund 49 Stunden schlafend sind. Im Sommer können es sogar noch weniger Anwesenheitsstunden sein. Also sprechen wir hier von maximal 25 Stunden in der Woche, die wir uns in der Wohnung die Zeit totschlagen. Eine große Wohnung mit viel Platz und allen Anehmlichkeiten ist in unserem Fall nicht nur unnötig sondern auch unpraktisch, denn größere Wohnung bedeutet auch mehr Zeit für Hausarbeit, für die ich auch meine eigene Formel habe, nämlich nicht mehr als 30-45 Minuten am Tag damit zu vergeuden :) Der nächste Punkt ist, dass wir frei von jeglichen Statuskram sind, ich fahre immer alte Autos, denn sie dienen mir lediglich als Transportmittel, aktuell versuche ich es sogar ausschließlich mit dem Fahrrad, wir besitzen kein Fernseher, Spielekonsole, teure Musikanlage, haben den Herd sogar für unsere Liebe zur Rohkost verbannt, nutzen dann und wann mal den den Dampfgarer, trinken das Wasser aus der Leitung, nehmen uns immer ne Flasche mit, die wir auch auf Ausflügen unterwegs auffüllen,essen selten auswärts, nutzen oft Gruppenkarten und überlegen in den allermeisten Fällen wie sinnvoll eine bestimmte Anschaffung für uns ist, zugegeben auch wir werden mal von den gemeinen Spontankäufen überfallen. Und an dieser Stelle sei einmal gesagt, ich war nicht immer so und konnte auch Unmengen von Geld für Konsum und andere Dinge verprassen. Alles in allem geben wir jetzt aber einfach wenig Geld aus, nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es wollen, weil es für uns einen anderen Stellenwert hat. Ich versuche meinen Sohn auch sehr bescheiden zu erziehen, was uns nicht vor Diskussionen im Kaufhaus schützt, aber auch das gehört zum Großwerden dazu. Gebrauchte Kleidung ist für euch ein Tabu? Warum eigentlich? Ich sag nicht, dass man ausschließlich Second Hand tragen sollte, aber gerade die Kinder tragen ihre Sachen nur ein paarmal, ehe sie rausgewachsen sind und dann müssen neue her, also spare ich an dieser Stelle durch Second Hand Kleidung, nicht ausschließlich, aber oft. Und wer hat schonmal was von Foodsharing gehört? Ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Lebensmittel vor dem Wegwurf zu retten, doch anders als es die Tafel mit dem Hintergrund der Bedürftigkeit tut, steht hier eher der Idealismus im Vordergrund. Weltweit werden jährlich bis zu zwei Milliarden Tonne Lebensmittel weggeworfen. Genug, um drei Milliarden Menschen zu ernähren. Wer zB. mal in Urlaub fährt und noch Dinge im Kühlschrank hat, die sonst weggeworfen werden würden oder wer einfach mit Hunger einkaufen war und den ganzen Kram nicht allein schafft oder wer einfach zuviel gekocht hat, kann das Portal nutzen und anderen zur Abholung anbieten. Auch mir geht es dabei um Idealismus, nicht um Notwendigkeit. Ich schmeiße seitdem kein Teil mehr weg und nutze es auch von Zeit zu Zeit mal für uns selbst.
Durch die zuvor erwähnten Dinge ist es uns möglich mit einem Wochenbudget von ca. 50 Euro auszukommen, dies ist natürlich kein statischer Betrag. Hinzu kommen monatliche Kosten für Sport, Freizeit und Kultur von ca. 100 Euro, wovon der Löwenanteil Janniks Gitarrenunterricht ist. Es ist einer alleinerziehenden Mutter mit Kind also möglich mit weniger als dem Mindestbedarf im Monat auszukommen, in meiner Elternzeit schaffte ich es sogar mit 100 Euro im Monat, inkl. Windeln. Ihr merkt schon, worauf ich hinaus will, genau, selbst wer wirklich wenig oder gar kein Geld verdient, weil er vom Staat bezuschusst wird, kann in der Lage sein, jeden Monat Geld für Urlaub zu sparen. Wichtig an der ganzen Sache ist aber, dass es sich niemlas wie Verzicht im negativen anfühlen darf, sondern immer als eine Bereicherung gesehen werden muss, weil man es selber will, sonst kommt der sogenannte Jojoeffekt, den wir auch von Diäten kennen :) Wir bekommen Heißhunger und geben nach und hauen dann alles Geld auf den Kopf, weil wir es ja haben.
Und nun kommen wir zu den kostengünstigen Urlauben, die mitunter auch gar kein Geld benötigen.
Ich habe ja in meinem Reisetagebuch schon von Couchsurfing geschwärmt, einer Plattform, die es uns ermöglicht, umsonst zu nächtigen und dabei eine fremde Kultur und fremde Weltansichten ganz nah erleben zu können, ich liebe diese Art des Reisens. Neben Couchsurfing gibt es auch noch andere ähnliche Seiten wie z.B den Hospitalityclub. Wer nun sagt, es sei nicht sein Ding mit fremden Menschen im Urlaub in einer Wohnung, der kann auch über Homeswapping oder Homesitting eine Wohnung für sich allein beanspruchen, immer dran denken, wer keine Wertgegenstände zuhause hat, der hat auch weniger Sorgen, diese Wohnung zu teilen. Dann gäbe es noch das Airbnb, wo Privatleute kostengünstig Zimmer oder ganze Wohnungen vermieten und man etwas unabhängiger ist als beim klassischen couchsurfing. Nicht zu vergessen das Zelten, auch mal wildzelten. Und zu guter Letzt gibt es noch das Wwoofen oder voluntieren, wo Unterkunft und Verpflegung gegen Arbeit angeboten wird, ist eher was für Leute, die es nicht kratzt, im Urlaub auch ein paar Stunden zu arbeiten und ist auch mit Kindern möglich, wenn man es vorher abklärt, denn Kinder haben irre viel Spaß daran, den Großen bei der Arbeit zu helfen.
Wem das alles nicht gefällt, der kann teure Hotelkosten durch Pensionen und Jugendherbergen/Hostels ersetzen.
Auch die Art der Transportfindung ist ein Sparfaktor. Ich nutze absolut gerne die Gruppenkarte für fast alles und teile mir so die Kosten. Im Sommer fahren wir oft von Hamburg nach Sylt, nur für einen Tagesausflug und zahlen mit der Gruppenkarte maximal 8 Euro hin und zurrück, manchmal auch weniger falls man auf dem Rückweg andere mitnimmt als auf dem Hinweg. Ein anderes Beispiel sind die Quer-durchs-Land-Tickets oder Schönes-Wochenende-Tickets der Bahn, die uns ermöglichen mit bis zu 5 Personen zu reisen. Wenn man also lange Strecken reist, rentiert sich das oft so sehr, dass man am Ende noch mit Taschengeld den Tag beendet, weil man die Leute an unterschiedlichen Stationen mitnimmt und von jeden einen kleine Beitrag verlangt. Die Kontakte stellt man entweder übers Internet her zB. Mitfahrgelegenheit oder BlaBlaCar oder man stellt sich einfach an den Fahrkartenautomaten und spricht die Leute an, was etwas aufwendiger ist. Man lernt auf diese Art des Reisens immer interessante Menschen kennen, die man in einem reservierten 1.Klasse-Abteil nicht sehen würde.
Auch mit dem Rad losfahren ist eine kostenlose Transportmöglichkeit, auf der aber das Motto, der Weg ist das Ziel, die Devise ist.
Die ganz Mutigen können übrigens auch trampen, habe grad eine Mutter kennen gelernt, die das sogar mit Kind praktiziert. Man sieht also, Urlaub ohne Geld geht und das viel öfter als man denkt.
In der Regel haben wir nur die Transportkosten und geben dann im Urlaub oft weniger aus als zuhause. 
Abschließend eine kurze Reiseerfahrung aus meiner Elternzeit. Ich habe eine Woche Urlaub in Konstanz am Bodensee verbracht bei einer Freundin, die ich durchs couchsurfen kennen gelernt habe und durch die Nutzung des Quer-durchs-Land-Ticket nach einem 13 Stunden! Bahnfahrtag so gar noch 50 Euro Taschengeld bei raus bekommen, die uns einen ungeplanten Besuch im Seaworld verschafft haben. Das heißt unterm Strich habe ich sogar noch weniger Geld ausgegeben als zuhause und am Ende noch was dazu bekommen, dafür hatte ich nur einen nicht ganz so relaxten Anfahrtsweg durch das viele Umsteigen, aber auch das kann man als eine Art Abenteuer sehen ;)
Also überlegt selber einmal, welche Möglichkeiten für euch hier sinnvoll sind.
In diesem Sinne, gutes Reisen !


Ich schau mich nur um, wenn wir erinnern

Heute möchte ich mal etwas über Emotionen erzählen. Ja, Emotionen kennen wir alle und doch fällt es uns so schwer, damit umzugehen. Ich bin vor ein paar Tagen einem Menschen begegnet, der mir mal sehr nahe stand und weil unsere letzte Begegnung ohne Achtung vor dem anderen statt fand, brachten wir beide nicht mehr als ein nickendes Lächeln zustande, was eine freundliche Begrüßung ersetzen sollte. Aber dieser eine Moment hatte etwas magisches und ich spreche hier nicht von Liebe oder dergleichen, sondern das Gefühl, das man hat, wenn man eine gemeinsame Erinnerung teilt. In dieser Größenordnung ist mir das noch nie passiert, da war nur dieser kurze Blick, der ausreichte, um einen ganzen Film in mir abspielen zu lassen und es fühlte sich an als hätte mein Gegenüber das gleiche empfunden und ich frage mich, was passiert wäre, wenn wir gesprochen hätten, statt zu fühlen. Wenn wir den Moment zerredet hätten oder vielleicht einen kessen Spruch gebracht hätten? Hätten wir den Moment zerstört? Wären unsere Gedanken und Erinnerungen aus dem Fluss gekommen? Hätten wir vielleicht erneut die Achtung voreinander verloren? Was wären unsere Worte wert gewesen? Und ich erinnere mich plötzlich an eine Erfahrung des bewussten Schweigens, welches ich auf den Philippinen praktiziert habe. Und ich fühle den gleichen Gedankenfluss und spüre wie wichtig und durchdacht Worte manchmal sein sollten, weil sie einen Moment beschreiben sollen, den wir nur fühlen. Ich habe diese Erinnerungen, die ich mit diesen Menschen erlebt habe wieder so present im Kopf als wäre es grad erst passiert und ich merke, wenn ich verbal drüber spreche, verflüchtigt sich ein Teil von ihnen und an dieser Stelle frage ich mich, ob es nicht auch möglich ist, jede Erinnerung zu etwas ganz Besonderen zu machen, indem wir auf Worte verzichten, indem wir uns nur umschauen und uns erinnern. Auf Worte zu verzichten, bedeutet aber auch zeitgleich Gefühle und Gedanken nicht zu teilen und diese stattdessen wie ein gehütetes Geheimnis in uns zu verwahren, aber damit laufen wir auch wieder Gefahr, Klarheit zu verlieren. Und doch teilen und erleben wir etwas ganz Besonderes, nämlich genau so einen magischen Moment, den ich vor ein paar Tagen hatte. Ich möchte niemandem nahe legen, nicht mehr zu reden, aber wer kennt denn nicht dieses Gefühl, das uns überkommt, wenn wir einen Song, assoziiert mit einer schönen oder traurigen Erinnerung, hören und dieses ganz bestimmte Gefühl in uns hoch kommt und wir emotional berührt sind, wenn diese Freude oder auch Traurigkeit den Moment zerstören. Ich liebe diese Momente und habe rausgefunden, mit einer gehörigen Portion an Übung ist es möglich, gemeinsame Erinnerungen genau auf diese Art und Weise abzuspeichern und abzurufen.
Vergesst mal einen Augenblick die Worte, schluckt sie runter und lasst euch überraschen, was sie mit euch machen, wie sie in einem Meer aus Gedanken Bilder schaffen, die glücklich, freudig oder auch mal traurig und wütend machen und dann benutzt das erste Wort mit Bedacht und schaut, was es mit eurem Gegenüber anstellt. Diese kurzen emotionalen Weltreisen könnt ihr täglich erleben, schaut euch nur mal um und erinnert euch an einen Zeitpunkt, der euch berührt hat, verzichtet auf Worte und fühlt einfach nur.
Ich war bis zu dieser Begegnung immer sehr darauf bedacht, dass mein Sohn, seine Gefühle benennen soll, nun ändere ich meine Meinung und schlage ihn vor stattdessen inne zu halten und zu fühlen, wie es weiter geht.
Ob ich bei der nächsten Begegnung mit den Menschen, der mir so nahe stand, in der Lage sein werde, ein Wort zu finden, dass den Moment beschreibt, weiß ich nicht, aber ich nehme mir vor, meinem Gefühl zu folgen und im Zweifel, nur zu fühlen.


Wie wir uns auch im Alltag entschleunigen können

Heute möchte ich etwas über ein eher unfreiwilliges Projekt erzählen, da es früher umzusetzen war als geplant. Ich habe mich dazu entschlossen, auf das Auto fahren zu verzichten. Jetzt werden die meisten von euch sich wahrscheinlich fragen was daran so besonders ist, das machen ja schließlich Millionen andere Menschen auch. Der Unterschied liegt aber darin, dass ich als Alleinerziehende und Vollzeitberufstätige in leitender Position mit eher ungeregelten Arbeitszeiten, dafür aber mit festen Bring- und Holzeiten im Kindergarten konfrontiert bin. Die Tatsache, dass eine Strecke von zuhause zum Kindergarten und von dort zum Arbeitsplatz 17 km sind, wovon die Hälfte mit 20 kg Übergepäck auf dem Hinterreifen lastend ist, das ganze natürlich abends wieder zurück und der Kindergarten erst um 6:00 öffnet und meine Arbeitszeit um 6:30 beginnt, macht das Vorhaben zu einer ganz besonderen Challenge. Das war nur kurz zu den Eckdaten gesagt. Ihr seht also, ein gemütlicher Radweg mal eben um die Ecke ist das nicht und nun kommt vielleicht die Frage warum ich mir das antue. Es geht wie in allen meiner Selbstversuche um Verzicht und Bewusstseinserweiterung, Unabhängigkeit von System und Materie, um ein Selbstfinden und den Herausfiltern der Grundbedürfnisse.
Die ersten drei Tage machte ich mir das Leben unnötig schwer und fuhr viel zu spät los, verspätete mich zur Arbeit und hatte den Rest des Tages schlechte Laune, weil ich ausgelaugt und gestresst war und meine Arbeit nicht geschafft habe. Von Bereicherung also mal so gar keine Spur. Ich begann dann deutlich früher los zu fahren, was Jannik zwar nicht ganz so gut gefiel, aber mir eine deutlich entspanntere Strecke verschaffte, da ich nicht bis zum Exitus strampeln musste. Nach nun knappen zwei Wochen radeln merke ich zusehends wie sich eine gewisse Art von Entspannung einschleicht, wenn ich mir den Weg zur Arbeit über Umwege bahne. Weit entfernt von Sitzpolster, Schaltung und Gaspedal, sprechen wir hier nicht von Luxus, geschweige denn von Zeitersparniss, und dennoch merke ich, dass es mich glücklicher macht zu radeln als mich ins Auto zu setzen, weil ich zum einen verdammt viel frische Luft am frühen Morgen erhalte und zum anderen diesen Weg mache mit der Gewissheit, alle sonst genutzten Ressourcen komplett unangetastet zu lassen und die einzige Energie, die dafür aufgebracht werden muss, die reine Muskelkraft ist, die auf ihre eigene Art und Weise verlässlich ist. Nächste Woche werde ich das Auto als notwendige Konsequenz zu mehr Unabhängigkeit und Freiheit abstoßen und verliere damit wieder einen Gegenstand, der einen Teil meiner Aufmerksamkeit und Pflege in Anspruch genommen hat, also weniger,  um das ich mich kümmern muss und weniger Ressourcen, die ich vom allgemeinen System benötige. Eine kleines Stück zum autarken Leben ist dann geschafft. Und das Gefühl, sich jeden Tag ein wenig zu entschleunigen, sich Zeit zu nehmen, weil die Dinge nun mal nicht schneller funktionieren, man nicht aufs Gaspedal drücken kann und mit 80 kmh durch die Stadt düsen kann, bereichert mich sehr und gibt mir ein Stück innere Balance zurück.