Sonntag, 5. April 2015

reisetagebuch


frei leben / glücklich sein
Reisetagebuch

Reisetagebuch 

 Eine Sammlung von Songs, die mich begleiten und mich berühren.

Kòbkûn Ká oder wie man in Thailand Danke sagt

Wohoo, ich hab es getan, ich habe den Flug für 600 Euro pro Nase nach Thailand und zurrück mit Emirates gebucht, 4 Wochen Urlaub, reisen, fühlen, spüren, schmecken und erleben, liegen vor uns. Aber was nimmt man eigentlich mit in die Tropen mit Kleinkind? Ein Rucksack, ein Kind und sein Köfferchen und ein Liegebuggy :) Impfungen? Nur die üblichen, Tollwutimpfung war aus, ausgerechnet die, die mir irgendwie wichtig war, aber die Ärztin beruhigt mich, Thailand ist gut strukturiert, so dass wir es bei Gefahr immer innerhalb von 24 Stunden zur nächsten Krankenstation schaffen. Malariaprophylaxe? Nicht nötig und wenn doch, vor Ort erhältlich. Reiseapotheke? Hm,schwierig. Ein kleines Erste-Hilfe-Täschchen, zwei Fieberzäpfchen, ein paar Globulis wie Arnika und Apis und sonst nix. Welche Kleidung? Keine Ahnung, denn ich war noch nie dort. Ich packe jeden eine lange Hose, zwei kurze Hosen,ein langes Shirt und zwei kurze Shirts ein,dazu 4 Sätze Unterwäsche, ein paar Socken gegen die Kälte der Klimaanlagen, Badezeug, Antibrumm, Sonnenbrille und Sonnencreme. Schätze die Hälfte hab ich nun vergessen, weil ich mal wieder, überspitzt gesagt, eine halbe Stunde vor Abflug gepackt habe und wie sollte es anders sein, natürlich noch gearbeitet habe, man liebt schließlich das Extrem ;) Mit dem letzten Saft der ausgelutschten Autobatterie gehts zu einer Freundin, die uns zum Flieger bringt und mir noch dringend unsere E-Tickets ausdrucken muss. Der Satz"das hättest du auch ruhig mal früher machen können", liegt mir noch eine Weile in den Ohren und na klar, sie hat vollkommen recht, sowas geht nicht immer gut und irgendwann kommt bestimmt auch mal der Tag, wo ich es nicht mehr schaffe, aber diesmal geht es gut. Mit Emirates haben wir uns auch mal richtig Luxus gebucht, aber für Kinder ist das eh unwichtig, denn die wollen spielen, tanzen, lachen und sich bewegen und vor allem stolz den eigenen Koffer presentieren.
Wir haben einen Stopover in Dubai für 4 Stunden, zu kurz für das Verlassen des Flughafens, aber auch zu lang für das Programm innerhalb des Geländes. Jannik schläft noch in der Karre und ich mache das, was ich am allerliebsten mache, Leute beobachten ;)
Von Dubai geht es weiter nach Bangkok und ich bin erleichtert, wo ich feststelle, ich habe mir das Hotel für die erste Nacht nicht notiert, welch ein Fehler, denn es ist bereits bezahlt. Ich schaffe es irgendwie aus meiner Erinnerurng heraus das gebuchte Hotel mit Hilfe eines patenten Taxifahrers heraus zu finden. Die ersten Eindrücke von Bangkok sind unruhig, Smog, Lärm, Verkehrschaos und dazwischen eine anziehende Kultur. Das ist es also, Bangkok, das Mekka der Backpacker und das größte Drehkreuz Südostasiens und ich rieche Abenteuer. Im Hotel nutzen wir den ersten mir begegneten Lieferservice von Mc Donalds, wobei wir dann auch das erste Mal mit thailändischer Schärfe in Berührung kommen und am Ende nur die Pommes für Jannik als milde übrig bleiben. Mc Donalds ist eben nicht überall auf der Welt gleich, aber es war mir quasi ein Grundbedürfnis, diesen Lieferservice zu nutzen. Bei meiner Routenplanung habe ich mich zuvor dazu entschieden, erst den Norden Thailands zu bereisen und einen Flug nach Chiang Mai mit Air Asia für 25 Euro pro Nase bereits im Vorwege gebucht, dazu müssenen wir allerdings zum nationalen Flughafen mit dem kostenlosen Airportshuttle, der in Verbindung mit dem Flugticket kostenfrei ist. Die Fahrt ist aufregend.
In Chiang Mai werden wir von unseren ersten thailändischen Hosts abgeholt und verbringen die nächsten drei Tage in einem kleinen Ort im Randbezirk von Chiang Mai, eine wahre Oase mit Trinkkokosnüssen im Garten und tollen Geschichten. Ich verliebe mich sofort in die thailändische Gastfreundschaft, erlebe die erste Zerreisprobe als Yanya, unsere Gastgeberin Jannik in der Nachbarschaft rumführt und erst nach einer Stunde zurück kommt. Jannik hält eine Tüte voll mit Süßigkeiten in der Hand und es scheint fast, als hätten alle nur darauf gewartet, dieses arme kleine Kind mit Zucker voll zu pumpen. Ja, das ist Thailand, absolut kinderfreundlich und immer das Bedürfnis, den Kleinsten schon die Welt mit Bonbons zu versüßen. Chiang Mai ist toll, wir besuchen den Zoo, erleben eine sehr lebendige und authentische Gastfreundlichkeit, treffen andere Reisende, erfahren wie gefährlich Roller fahren hier ist und dass ein Unfall den restlichen Urlaub versauen kann, sehen unsere erste tropische Karkelake und fahren zur Freude von Jannik das erste Mal Tuk Tuk, ein Moped mit Sitzbank hinten und Dach. Den ersten Tag zurück aus der City vergessen wir unseren Ausstieg und landen im Nirgendwo, allein in der Dunkelheit, aber mit Hilfe eines Passanten gelingt es mir, Aatjanee, der Tochter unserer Gastgeberin, unseren Standort mitzuteilen. Heldenhaft rettet sie uns aus unserer Misere. Es fällt mir sehr schwer, diese tollen Menschen zu verlassen, aber der Flug in den Süden war schon im Vorwege für 30 Euro pro Nase nach Hat Yai gebucht. Von dort aus geht es weiter mit dem Airportshuttel zum zentralen Busbahnhof für 100 Baht (2,80) und dann weiter mit dem Van nach Satun für 200 Baht (5,60). Die Fahrt ist anstrengend und ich bin sehr froh, dass ich den Stopover für eine Nacht in Satun eingeplant habe. Wir werden sofort von Rollerfahrern in Satun genötigt sie als Taxi zu nutzen und als sie schon fast das ganze Gepäck aufgeladen haben und ich völlig überfordert mit Jannik da stehe, erhalte ich den befreienden Winker vom 50 Meter entfernten Minibus-Fahrer und schnappe mir unser Gepäck zurück. In der kleinen Bungalowanlage gibt es leider niemanden, der der englischen Sprache mächtig ist und ich überlege wie ich den Hotelangestellten verklickere, dass ich am nächsten Morgen nach Pak Bara muss, von wo aus unser Speedboot nach Koh Lipe geht. Nach ein paar wilden Gerstikulierungen, Zeichnungen und dem Zeigefinger auf meiner Touristenkarte gelingt es mir dann und ich hoffe an dieser Stelle, dass am nächsten Morgen ein TukTuk Fahrer am Eingang auf uns wartet. Wir verbringen den restlichen Nachmittag in dem kleinen Dorf mit schlendern und staunen und stellen schnell fest wie exotisch wir hier sind, denn die Leute kommen aus ihren Häusern heraus, zeigen mit Fingern auf uns, treten näher, streicheln Jannik übern Kopf und schießen Fotos. Man muss dazu sagen, diese natürliche Scham, fremde Menschen anzustarren, ist hier weniger present als in den westlichen Ländern. Man hat mich im Vorwege davor gewarnt, dass besonders blonde Kinder hier fast den gleichen Stellenwert haben wie Buddha und es gibt so gar Gerüchte, es bringe einer Schwangeren Glück, wenn sie ein blondes Kind anfässt. Jannik genießt die Aufmerksamkeit noch, was sich im späteren Reiseverlauf zunehmend ändert.


jungle Trek, Thailan...

Koh Tao, Thailand.jp...

Koh Lipe, Thailand.J...

Koh Lipe, Thailand.j...

Bangkok, Thailand.jp...

Chiang Mai Zoo,Thail...



Am nächsten Tag bin ich sehr überrascht über die gute Infrastruktur, auch wenn ich zwischendurch das Gefühl habe, irgendwo abgeladen worden zu sein, landen wir gegen Mittag am Hafen von Pak Bara, essen noch einen Happen in der Garküche am Straßenrand, bevor es mit Routen-Aufklebern versehen, für 450 Baht (11 Euro) nach Koh Lipe geht. Wir werden auf einem wackeligen Holz-Ponton (einer schwimmenden Landeplattform) abgeladen, da es auf Koh Lipe keinen Anlegeplatz gibt und sofort tummeln sich die Longtailboote um uns herum und sammeln die Touristen für weitere 50 Baht (1,40 Euro) die letzten 100 Meter zum Land ein, dann heißt es Hose hoch krempeln und durchs Wasser stampfen, während Jannik wie ein Päckchen auf den Schultern von einem Seezigeuner getragen wird. Mühsam ziehe ich die Karre durch den Sand und bereue die Mitnahme gerade sehr. Die Insel liegt in der Andamanensee und im äußersten Süden von Thailand. Koh Lipe gehört zur Provinz Satun und ist Teil des Turatao Archipels, man nennt sie auch die Malediven Thailands und das kann ich nur bestätigen. Wir nächtigen Im Gecko Lipe Resort, einer neuen Bungalowanlage, nahe der bekannten Walking Street. Es ist etwas weiter weg vom Strand, aber dafür genießt man eine sehr familiäre Atmosphäre. Es gibt drei Hauptstrände hier, mit Kind ist aber der Pattaya Strand trotz der Überfüllung wegen des flach abfallenden Gewässers der beste. Geht man hier etwas weiter Richtung Westen, gelangt man an eine kleine Steinbucht, wo ich Jannik einige zig Meter alleine ins Wasser lassen kann, weil die ersten 100 Meter nicht tiefer als 30 cm sind und nicht eine Welle wegen der vorstehenden Felsen das Ufer erreicht. Wir lernen die kleine Insel kennen, die Moskitos, Kakerlaken und auch kleine fiese Feuerquallen, die mich attakieren oder ich sie? Auch ein nachmittaglicher Schnorchelgang darf nicht fehlen und ich entscheide mich für das Sunsetsnorkeling für 800 Baht (20 Euro) durch den Tarutao Nationalpark und während Jannik zu den Schnorchelgängen auf meinen Rücken sitzt, erkunde ich die Unterwasserwelt, wobei es ihm nicht sonderlich gefällt, dass mein Kopf zwischendurch im Wasser verschwindet. Wir verabschieden den Tag zusammen mit hunderten Einsiedlerkrebsen und dem Gesang der Zikaden.
Nach drei Tagen gehts weiter mit der Fähre nach Koh Lanta für 450 Baht (11 Euro). Wir machen Halt an kleinen wundervollen Inseln wie zB Koh Muk und ich beschließe, wenn ich mal mehr Zeit habe, möchte ich jede dieser kleinen Inseln kennen lernen. Auf Koh Lanta machen wir uns erstmal auf die Suche nach einer Unterkunft, leider in der Hauptsaison, was es sehr schwierig gestaltet. Nach etlichen erfolglosen Versuchen, suche ich Rat bei einer der vielen Travel Agencies, die mir schon ein wenig Luxus im Khlong Dao Beach Resort für verhältnismäßig wenig Geld (1000 Baht=30 Euro) vermittelt. Wir erhalten dafür Halbpension, direkte tolle Strandlage und ein Haufen deutscher Rentnerpaare, die in Thailand den deutschen Winter überbrücken, zu toppen war die letzte Tatsache nur noch von dem respektlosen Verhaltens eines französischen Ehepaares, die das Respektieren fremder Kulturen gänzlich ausblendeten und trotz mehrfachen Hinweises, das Restaurant mit Schuhen betraten, welches sich in Thailand nichtgehört. Aber egal, allein diese herrliche Strandlage riss alles wieder raus und da ich sonst so günstig reise, kann man sich auch mal drei Nächte Luxus gönnen. Jannik genießt beim ersten Sonnenstrahl Eimerchen und Plastiklöffel zu schnappen und den Strand umzubuddeln, bei Ebbe den einheimischen Kindern beim Muscheln sammeln zu helfen und einfach nur Kind zu sein. Koh Lanta ist extrem auf Kinder ausgerichetet, an jedem strandrestaurant gibt es Spielgeräte wie zB kleine Rutschen oder Schaukeln.

Einmal Mailand, Gepäckband, Regen und zurück

Ich nahm mir vor, mindestens alle 6 Wochen eine Auszeit zu nehmen, die nicht zuhause sein sollte und auch nicht lange dauern musste, weil ich mich rastlos fühle, als ich wieder ein Schnäppchen schlage und für gerade mal 60 Euro hin und zurück für Jannik und mich einen Flug nach Mailand erstehe, kann ich meine Begeisterung schwer in Worte fassen. Bei so einem Angebot zögert man natürlich keinen Moment und wir bleiben von Samstag bis Dienstag in der Stadt der Mode. Natürlich konnte ich es wieder nicht lassen und tat mir noch kurz vor Abflug ein paar Arbeitsaufgaben an, die ich nicht aus der Hand geben mochte. Die Entscheidung führte dazu, dass wir wie schon oft in Stress geraten und fast den Flieger verpassen, mal abgesehen von der hektischen Suche nach dem Reisepass beim Check In. Schätze an dieser Stelle bin ich einfach unverbesserlich, chaotisch, aber immer mit nem Haufen guter Geister umgeben, die sich darum kümmern, dass am Ende alles gut geht.
Völlig abgehetzt sitzen wir im Flieger, schlürfen unser Wasser und futtern die mitgebrachten Bananen, während ich Jannik versuche von dem Snackwagen abzulenken, der hier gefühlte 20mal zu extrem überteuerten Preisen an uns vorbei zieht. Jannik ist mittlerweile ein richtiger Vielflieger geworden und hatte bislang auch nie Probleme dabei, auch diesen Flug schaut er staunend die Wattewölkchen an, während er das Rollo am Fenster rauf und runter schiebt. Als wir mit dem Flieger über den Alpen sind, staune ich über die herausblitzenden Bergspitzen und erschrecke gleichzeitig über die Luftlöcher, die aber nach Aussage eines Mitreisenden an dieser Stelle nicht selten sind. Die Landung ist dafür eine der besten, die ich je erlebt habe, so dass wir kaum wahrnehmen, schon da zu sein, bevor das typische Trompetengeräusch der Billig-Airline ertönt. Ich liebe diesen Sound. Jannik findet es irre aufregend an dem kleinen Flugplatz in Bergamo über den Asphalt zu wandern und die Flugzeuge zu bestaunen, das Sicherheitspersonal teilt seine Leidenschaft dafür nicht wirklich und gibt uns in typischer italienischer Gestik, die keine Worte braucht, zu verstehen, dass wir bitte zügig den anderen Passagieren ins Gebäude folgen möchten. Na gut, auf gehts zum Gepäckband, wo wir zum einen die Karre einsammeln und zum anderen eine neue Leidenschaft von Jannik wecken, nämlich das Beobachten des immer wiederkehrenden Gepäckbandes. Da es noch recht früh ist, entscheide ich mich einfach noch ein wenig zu verweilen und Jannik seinen Spaß zu lassen, dieser dauerte am Ende dann gefühlte fünf Stunden....puhh....dann mal ab zum Busterminal, denn schließlich müssen wir irgendwie in die Stadt kommen, was für sieben Euro hin und zurück auch wirklich wieder sehr günstig ist wie ich finde und Jannik ist kostenfrei, wobei ich mir gar nicht ganz sicher bin, ob das Kind ganz offiziell frei ist oder eine spontane Sympathie dafür verantwortlich ist. Wir kommen in der Stadt an und machen uns gleich auf die Suche nach unserer Hostfamilie in einem Randbezirk namens Cernusco, den erreichen wir dann auch für weitere 2,55 Euro Fahrgeld. Als wir aussteigen, entdecke ich einen kleinen alten Ort mit diesen typischen italienischen Flair, kleine Gassen, den gerstikulierenden Menschen und ich fühl mich pudelwohl hier. Was war nochmal zuhause? Ach ja, die Wohnung, Familie, Freunde und Job ;) Wir erreichen Matteos Haus im Dunkeln und müssen leider eine knappe Stunde warten, in der ich mich ärgere, dass ich es wieder einmal nicht gebacken bekommen habe, mein Handyakku vernünftig aufzuladen, so dass ich nichtmal genau weiß, ob sie noch kommen.
Etwas später entschuldigen sich Matteo und Anna mit ihren zwei bezaubernden Kindern. Jannik und die Kids haben irre viel Spaß zusammen und nehmen das halbe Zimmer auseinander, während sie sich deutsche und italienische Worte lehren und ich helfe Anna und Matteo beim Abendessen und wir teilen tolle Reisegeschichten. Das ist wieder eine der Begegnungen, in der man sofort auf der Wir-kennen-uns-schon-ewig-Ebene ist. Eltern sein und Reisebegeistert zu sein, verbindet immer sofort. Wir nehmen den Sonntag am Familienprogramm teil und verbringen den Tag mit Rad im nahe gelegenen Park und bei Freunden der Familie, den Abend schlendern wir durch die engen und altertümlichen Gassen, vorbei an kleinen Geschäften und Restaurants, machen Halt an einen kleinen Karussell, wo die Kinder ein paar Runden drehen. Alles in allem erleben wir einen fantastischen authentischen Tag in Bella Italia.
Den nächsten Tag fahren wir in die Stadt rein und spazieren am Mailänder Dom und an der Piazza del Duomo, dem alten Domplatz, der via Torbogen zu den Boutiquen von Versace, Donnatello und Co führt. Wir kämpfen mit Sprachbarrieren, italienischer Leidenschaft im wilden gerstikulieren und ständig wieder kehrenden Regen. Wir bahnen uns den Weg zum Castello Sforzesco, einem beeindruckenden alten Schlossanwesen, indem seiner Zeit auch mal Leonardo da Vinci als Angestellter von Francesco Sforza seine Handschrift hinterließ. Das Anwesen ist einfach atemberaubend, Jannik tobt sich aus in den großen Gärten während ich die Architektur bewundere und mich ins Mittelalter denke. Ich bin immer wieder fasziniert, mit wie wenig Mitteln Menschen solche Kunstwerke  zustande bringen. Am Abend stellt sich heraus, dass der  Magen-Darm-Virus in die Familie eingekehrt ist und als wir am nächsten Tag spät nachmittags nach Hause fliegen, realisiere ich, dass es auch uns erwischt hat. Während Jannik nach einem Tag und einer Nacht durch ist, legt es mich zwei Tage flach und ich fühle mich einfach nur hundeelend und das kommt wirklich selten vor.
Letztendlich war es aber ein toller Urlaub, der uns fernab vom Massentourismus einen absolut authentischen Einblick in die italienische Kultur gebracht hat und die Kosten für drei Tage Mailand inklusive aller Transporte und Neben-und Essenskosten lag bei 100 Euro für 2 Personen, weniger geht kaum noch.

Mit dem Interrailticket  und Kleinkind auf Europatour 2012

Das Arbeitsleben hatte mich wieder, 2 Jahre Elternzeit waren um und Jannik hatte die Eingewöhnung im Kindergarten wirklich bravourös gemeistert, schätze an dieser Stelle ist das Reisen ihm zum Vorteil geworden, denn vermeintlich fremde Menschen machen ihm keine Angst, sofern er von mir den ersten Schritt sieht. Ich persönlich tat mich ein wenig schwerer mit der Wiedereingewöhnung ins Arbeitsleben, aber nach ein paar Anlaufschwierigkeiten war auch dieser Schritt vollbracht. Der erste wieder verdiente Urlaub stand also vor der Tür und ich entschied mich für ein Interrailticket, welches für Leute über 25 leider nicht ganz so günstig ist. Für eine Dauer von 3 Wochen, in denen ich insgesamt 10 Strecken fahren darf, kostet mich das Ticket 350 Euro, wozu aber noch die Sitzplatzreservierungen kommen, die in einigen Ländern wie zB. Frankreich erforderlich sind, zumal es grad Ferienzeit ist und jeder Schüler und Student interrailen ist. Da ich mich wie so oft recht spontan für dieses Ticket anstelle von Fliegen entschieden habe, waren auch schon viele Routen vollends ausgebucht, also musste ich umdisponieren. Eigentlich habe ich mit Amsterdam starten wollen, nix zu machen. Ich entscheide mich also für die erste Strecke nach Paris. Ich fahre via Mitfahrgelegenheit mit einer Gruppenkarte für 8 Euro nach Köln, um dort den Thalys nach Paris zu nehmen, allein diese Reservierung nach Paris kostet mich 26 Euro und bereits an dieser Stelle entscheide ich mich, nie wieder ein Interrailticket zu kaufen, denn für den Preis hätte ich ja fast die Strecke so gebucht bekommen. Wahrscheinlich lohnt sich so ein Ticket in Osteuropa, wo die Reservierungen lediglich kleinere Eurobeträge sind.
Die erste Strecke ist nach knappen 4 Stunden in einem blechernen Schnellzug geschafft und wir bahnen uns den Weg in einen Aussenbezirk namens Saint-Denis. Es handelt sich um einen nicht sonderlich attraktiven Stadtteil. Unser Gastgeber wohnt im 20. Stockwerk und nach unserer Ankunft in seinem Appartment und einem Rundgang durch seine Räume, kehre ich zu einem am offenen Fenster stehenden Jannik zurück. Das Herz rutscht mir in die Hose und ich überlege ihn schnell zu packen, aber die Gefahr, er erschreckt sich und verliert das Gleichgewicht, ist einfach zu groß, also versuche ich seine Aufmerksamkeit auf sein Buch zu lenken und biete ihm eine Geschichte an, der Plan geht auf und ich merke mir diese Erfahrung für jetzt und für immer und beschließe sie niemals wieder zu vergessen.




Wir erleben zwei Tage Power Sightseeing durch eine gute Freundin unseres Gastgebers und ich gerate schnell unter Stress und merke zeitgleich wie schwer es fällt diese energiegeladene Französin zu bremsen, schätze das ist Teil der französischen Mentalität. Mit meinen extrem eingerosteten Schulfranzösisch erreiche hier leider gar nichts außer das Ordern eines Croissants und so bin ich meiner Fremdenführerin extrem dankbar für ihre Hilfe. Die meisten Franzosen sprechen kein Englisch, obgleich sie es könnten. Ich nehme zunächst an, es ist der reine Nationalstolz, im späteren Verlauf stelle ich jedoch fest, es geht vielmehr um Perfektionismus und die Angst vor Fehlern, die sie hemmt und deshalb versuchen es viele gar nicht erst.
Als ich im weiteren Reiseverlauf eine Sitzplatzreservierung nach Irun an die spanisch-französische Grenze mache, ändert sich mein Routenverlauf etwas ungewollt. Die ausschließlich französische Ansage, den Zug zu wechseln ignoriere ich aus Unwissenheit und lande mitten in der Nacht mit einem Kleinkind und den Tränen nahe im Nirgendwo der französischen Pyrenäen in einem Land, indem niemand mit mir Englisch sprechen mag. Als der Sicherheitsbeauftragte meine Sorgen wahrnimmt, nimmt er all seinen Mut zusammen und erklärt mir in gebrochenen Englisch, dass um 6 Uhr morgens der nächste Zug nach Irun geht und zwei Strassen weiter ein kleines Hotel sei, welches noch etwa 10 Minuten besetzt ist, bevor die Pforten geschlossen werden. Ich bedanke mich auf französisch, schnapp mir den Buggy mit Jannik drin und renne im Dunkeln die zwei Straßen runter, schlafe ein paar Stündchen in einem kleinen gruseligen Hotelzimmer für 50 Euro und nehme dann um 6 Uhr morgens den Zug nach Irun. Die Strecke ist lang und der Zug langsam. Wir machen es uns im Fahrradabteil bequem und ich versuche wie ein Vagabund auf dem Boden ein wenig Schlaf nachzuholen.




In diese Gegend Frankreichs zieht es scheinbar wenig Touristen hin und wenn, dann wohl nicht in diesen Bummelzug morgens um 6 Uhr, so dass wir schnell von Bewunderern umzingelt sind, die zwischen Unverständnis, Mitleid und Begeisterung unserer Reiseidee lauschen, natürlich auf englisch und auch wenn ich glaube, dass sie nicht alles verstehen, scheint hier eine nonverbale Unterhaltung statt zu finden, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe und ich vergesse die bisher eher negativen Emotionen, die ich mit diesem Land verbinde. Wir erreichen Irun gegen frühen Nachmittag bei strahlenden Sonnenschein. Da es hier keine aktive Couchsurferszene gibt, verbleiben wir eine Nacht in einer Pension und nehmen am nächsten Tag den Zug nach San Sebastian, wo wir zwei Tage bei einem eingewanderten Marokkaner unterkommen, der uns überschwenglich mit einem marokkansichen Buffet begrüßt und das erste Mal begleitet mich ein mulmiges Gefühl, da wir das gleiche Zimmer teilen über Nacht und ich mache kein Auge zu vor lauter Unwohlsein, um am nächsten Tag festzustellen, er ist total harmlos, lediglich diese leicht aufdringliche marokkanische Höflichkeit macht mir etwas zu schaffen. Wieder fällt es mir schwer das Tempo aus dem Sightseeingprogramm raus zu nehmen, aber er zeigt uns wirklich tolle Spots, kleine Gassen, tolle Klippen und riesige Spielplätze für Jannik. Hier lässt es sich leben.



Dann geht es weiter mit dem Nachtzug, im Schlafsessel, nach Madrid, wo wir nur einen Tag verbringen, durch die Gegnd schlendern, spanische Luft einatmen, um dann am Abend wieder den Nachtzug, im Schlafsessel, nach Lissabon zu nehmen. Diese Übernachtfahrten im Schlafsessel mit Kind auf dem Schoß fordern mich auf eine Art und Weise, die ich zuvor noch nicht hatte, umgeben von jungen und wilden Menschen, die fernab von unserem Lifestyle sind. An der Grenze bin ich etwas über die Rauheit des Grenzpersonals erschrocken. Die armen schlafenden Menschen werden sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen, um ihre Ausweise zu prüfen. Einigen wird prompt der stützende Arm auf der Lehne weg gestoßen, wenn sie das Ansprechen zuvor nicht als Wecksignal wahr nahmen. Jannik verschläft das auf meinem Schoß.
In Lissabon an der Orient Station bin ich überwältigt von dem architektonischen Meisterwerk eines lichtdurchflutenden Bahnhofs, alles scheint hier soviel heller zu sein. Wir werden von Paulo abgeholt, der in der Nähe vom Bahnhof arbeitet und uns erstmal zum Ausruhen zu sich nach Hause fährt. Es ist schrecklich heiß hier um die Mittagszeit und es scheint nicht eine Brise zu wehen. Am Abend kommen noch zwei weitere Couchsurfer aus Amerika mit vietnamesischen Wurzeln und zusammen mit Paulos Familie sind wir eine bunte lustige Truppe und ich fühl mich pudelwohl hier. Jannik wird von allen umworben und geliebt und blüht hier richtig auf. Paulo ist ein toller Gastgeber und fährt uns alle sogar zur Sintra, einem altertümlichen Ort mit tollen Palast, welcher zum Weltkulturerbe gehört. Wir besuchen tolle Klippen und abgelegene Strände entlang der Küste.




Ich befinde mich hier seit langem wieder an einen Ort, der mich so resettet und mir soviel neue Energie gibt. Ich verliebe mich in Portugal, liebe Lissabon, liebe die Mentalität und möchte hier eigentlich nicht mehr weg. Obwohl wir noch weiter nach Barcelona und Marseille wollen, spüre ich sehr deutlich, dass ich noch hier bleiben möchte und als Paulo und seine Familie mir anbietet noch eine Woche zu bleiben, zögere ich keine Minute und sage zu. Ich organisier mir kurzerhand einen Rückflug für 180 Euro und cancel meine Zugreservierungen und genieße, es einfach nur hier zu sein. An einem Abend wollen Paulo und seine Frau uns ein Stück Portugal auf kullinarischer Ebene näher bringen und führen Jannik und mich zusammen mit den beiden amerikanischen Couchsurfern in ein kleines uriges Lokal, wo wir von verschiedenen Nationalgerichten kosten dürfen und es ist ein so toller und gemütlicher Abend. Dass die Portugiesen viel Fisch essen, liegt ohnehin auf der Hand. Ein Gang durch die Markthallen zeigt schnell, wie vielfältig das Angebot an Meeresgetier ist. Aber was dann hier noch auf dem Tisch landet, macht es für mich ein klein wenig zu einer Mutprobe und ich versuche es interessiert und unvoreingenommen wie Jannik zu sehen. Es gibt Schnecken, Hühnerfüße, Schweineknorpel und Hirn gebraten und in Brühe. Ich nehme mir vor, von jeder Schale zu kosten, ohne drüber nachzudenken, was drin ist und lediglich den Geschmack zu bewerten und am Ende machen doch tatsächlich die Schnecken das Rennen, sowohl bei mir als auch bei Jannik. Es ist ein toller Abend, der dann noch mit einem Musikzug auf der Straße gekrönt wird.




Wir verbringen noch die nächsten Tage mit Straßenbahn fahren, vor allem die Linie 28 bedient fast alle Sehenswürdigkeiten, wir flanieren durch die bezaubernde Innenstadt, horchen den Straßenmusikern und hören dabei tolle Geschichten und genießen dieses absolut tolle und helle Licht, dass soviel Serotonin in mir ausschüttet, dass es für die nächsten Monate reicht. Wir besuchen das Ozenarium und fahren mit dem Cable Car über der Waterfront. Ich kann es nur schwer in Worte fassen, aber meine Begeisterung über das bloße Hiersein lässt mein Herz höher schlagen und auch das langsame Tempo mit Jannik hier die Stadt zu erkunden, machen mich so reich für diesen Moment und ich weiß, wir werden nicht das letzte Mal hier sein.




Einen so tollen Ort mit so tollen Menschen zu verlassen, fällt mir immer besonders schwer und so,  wie jedes Paradies seine Schattenseiten hat, gibt es die auch beim couchsurfen, nämlich dann, wenn man vielleicht für immer "Lebe wohl" sagen muß zu Menschen, die dir nicht nur Tür geöffnet haben, sondern auch ihr Herz und die mit einer Selbstverständlichkeit, dich in den Schoß der Familie aufnahmen und dir erlaubten ein Stück ihr Leben mitzuleben. Ich möchte an dieser Stelle einmal Paulo und Adleide ganz besonders danken, für soviel Nächstenliebe und Gastfreundschaft wie ich sie selten erlebt habe.
Als das Flugzeug abhebt und in den Wolken verschwindet, überkommt mich wieder dieses drückende Gefühl und ich realisiere, dass mir jeder Abschied einer fremden Kultur so sehr zusetzt und ich spüre, dass es nicht das normale Gefühl eines endenden Urlaubs ist, sondern mehr, es geht nicht nur um Uralub, es geht um Leben und die Art und Weise wie wir das tun wollen.
Zu guter Letzt die Kosten für diesen zweinundhalbwöchigen Urlaub, die mit 900 Euro den Rahmen meiner sonst so sparsamen Kalkulationen sprengen, wobei hier vor allem die hohen Transportkosten mit insgesamt fast 700 Euro zu Buche schlagen. Und am Ende war sie jeden Cent wert, diese Reise durch fremde Kulturen.

Der amerikanische Traum 2011/2012


Ich stehe mit Jannik am Flughafen und beobachte die Flieger auf und ab steigen, als ich entscheide, es sei nun auch mal an der Zeit für Janniks ersten Flug und damit sich der auch lohnt, soll es nach Amerika gehen, ganze drei Monate, das Visum soll schließlich genutzt werden. Wie immer überlege ich nicht lange, sondern beschäftige mich zeitnah mit dem Suchen von Flügen, für 450 Euro direkt und retour nach Newark von Frankfurt aus, ist er dann schnell gefunden und gebucht. Ich befinde mich in Elternzeit, also Zeit hab ich mehr als genug, nur das Geld nicht unbedingt, also mach ich mich gleich auf die Suche nach Untermietern für den Zeitraum. Auch die habe ich dann noch in letzter Sekunde vor Abflug gefunden, es handelt sich um drei unterschiedliche Personen, die meine Wohnung dann während meiner Abwesenheit quasi als Wg nutzen.
Da ich mich in den letzten 6 Monaten intensiv mit dem Thema Couchsurfing in Form von hosten vertraut gemacht habe, soll diese Plattform auch mir einen tollen Urlaub im Schoß von Einheimischen ermöglichen.
Wer couchsurfing nicht kennt, für den sei hier nur kurz erwähnt, es bietet die Möglichkeit kostenfrei bei Einheimischen auf Couches oder Gästebetten unter zu kommen, die Bezahlung erfolgt ausschließlich in Form von kulturellem Austausch. Auf diese Art zu reisen stellt den Pauschaltourismus total in den Schatten. Ich meine unsere erste Übernachtung ist bei einer Kunstgalleristin direkt am Broadway, zugegeben mit nem einundhalbjährigen Kind nicht die beste Wahl ohne ausreichenden Versicherungsschutz, aber um dies vorzugreifen, wir haben es gut gemeistert.
Nun zur Reise.
Die Idee einen Nachtflug zu nehmen, entsprang natürlich der Hoffnung, Jannik im tollen mobilen Kinderbettchen der Fluggesellschaft vor meinem Sitz schlafen zu lassen, aber reisen mit Kindern ist immer Sonderregeln unterstellt, so verschläft er Start und Landung, wird zwischendurch und pünktlich zur Schlange in der Immigration wieder wach.
Da stehe ich nun, mit meinem gebrochenen nie angewendetem Schulenglisch und den Fragen der kritischen Beamtin, dem Vorwurf der eventuellen Kindesentführung ausgesetzt. Schock macht sich in mir breit, das war es dann wohl, zumindest war ich mal am Flughafen. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich nach deutschem Recht alleiniges Sorgerecht habe, stelle aber später fest, ich habe ihr mit meinem Mangel an Vokabular erklärt, ich sei Witwe. Ok, auch egal, sie lassen mich passieren und in mir ein ungeahntes Glücksgefühl beim Verlassen des Flughafens.
Ich habe mir zuvor für die Ankunftsnacht ein Hotel rausgesucht, weil ich schwer einschätzen konnte, wie uns der Jetlag trifft und es war ne weise Entscheidung. Jannik ist nach amerikanischer Zeit um 2 Uhr morgens so lebendig, dass wir den Hotelflur unsicher machen und den Snackautomaten plündern. Der Teppich hier erinnert mich an eine Requisite aus dem Stephen King Film "Shining", gruselig.


New York Tree.JPG

New York, horses in ...



Am nächsten Morgen geht es auf nach Manhattan, ich entscheide mich für den Zug, der bis zum Ground Zero fährt, der Kostenpunkt liegt bei 10 $. Voller Erwartungen und Vorfreude, werde ich bei Ankunft mit einem drückenden Gefühl geplagt und der Frage "Das ist es? Davon spricht die Welt?" Der erste Eindruck von New York überfordert mich, stockender Verkehr, hektische Menschen, Häuserspitzen, die man nur aus einer Mindestentfernung von einen Block erkennen kann, grelle Lichter und die Zeile im Kopf "i want to be a part of it, New York,New York"........nein, die überschwengliche Freude bleibt aus, aber an dieser Stelle sei gesagt, dass meine Liebe zu New York auf den zweiten Blick am Ende des Trips entfacht wird.
Wir bleiben 3 Tage in der Stadt, bei Carol der zuvor erwähnten Kunstgalleristin und erkunden New Yorks Spielplätze und den Central Park. Die Hoffnung mit New Yorker Müttern über volle Windeln und Backenzähne zu quatschen wird schier aufgrund der hohen Anzahl von Kindermädchen zerschmettert. Elternzeit ist in Amerika eher ungewöhnlich.
Das Sightseeing Programm fällt mit Kind immer etwas sparsamer aus, die Freiheitsstatue bestaune ich von der kostenlosen Staten Island Ferry, die Spitze des Empire State Buildings bestaune ich aus zwei Blocks entfernt, denn tatsächlich ist diese Entfernung zur Sicht nötig. Das einzige Kinderunfreundliche, was ich durchsetze ist der Besuch zur Eröffnung des größten Weihnachtsbaumes am Rockefeller Center, ein eigener Kindheitstraum, seitdem es "Kevin allein in New York" gibt. Die Menschenmassen beginnen bereits 3 Blocks entfernt und ich bin äußerst dankbar für Janniks festen Schlaf in der Tragehilfe und der weisen Entscheidung ohne Karre zu reisen. Ob es sich gelohnt hat? Ja, das Bedürfnis meines inneren Kindes vor diesen tollen Baum zu stehen, wird komplett erfüllt und es macht sich diese unantastbare Freude breit.


Playtime in New York...

Manhattan.JPG

just simple.JPG

Staten Island Ferry....



Am nächsten Tag geht es mit dem Boltbus für 10 $ nach Philadelphia zu einer Familie mit einem einjährigen Jungen, auf die ich mich sehr freue.  In der Bahn in den Aussenbezirken von Philadelphia ist Jannik extrem unruhig und hungrig, so dass ich ihm von einen Schal geschützt in der Bahn stille, später erklärt mir die Familie den Grund für die fassungslosen Blicke der Mitreisenden. Stillen in der Öffentlichkeit ist ein Tabuthema und kann sogar als Belästigung eingestuft werden, ich merke es mir für den weiteren Reiseverlauf. Wir haben irre viel Spaß mit Erin, David und Klein Mica. Es folgt noch ein kurzer Aufenthalt mit dem Amtrak Zug für 80 !!! $ nach Washington DC, eine ausserordentlich schöne und multikulturelle Stadt,  wo ich eine Freundin aus Deutschland besuche, bevor es dann mit dem Cityjet nach Jacksonville, Florida geht.


Washington Monument,...

Starbucks in Washing...

White House, DC.JPG

Capitol, DC.JPG

Lincoln Memorial, Wa...



Dort hole ich unseren Mietwagen ab, den ich bereits im Vorwege für 2 Monate zum Preis von 900 $ gebucht habe. Ich erwähne nur kurz, dass ich seit etwa einem Jahr kein Auto mehr gefahren bin, weil Jannik Autofahren hasst, ich keine Automatikkenntnisse habe und auch das Buchen eines Navis nicht in meinen Budget vorgesehen war. Mein erstes Ziel ist also erstmal vom Flughafen in Jacksonville weg zu kommen, was mich echt jede Menge Schweiß kostet. 4 Spuren und jede geht woanders hin, Kreuzungen ohne Ampeln und es fährt wer als erster gebremst hat, aber wer verdammt hat denn nun als erstes gebremst ? 
Ich treffe auf wildes Amerika.
Die zuvor ausgedruckten Routen meiner Freundin aus DC sind eher semi hilfreich und auch ein Gespräch mit einem alten Pärchen am Fastfoodtresen über die Kriminalität und die unberechenbaren Amerikaner, der eingegitterte Tankwart und ein unzufriedenes Kind auf der Rückbank lassen mich zu dem Entschluss kommen, meine Mutter hatte Recht, als sie mir Monate zuvor erzählte, ich sei verantwortungslos und wir werden gekidnappt und in Stücke geschnitten. Fünf Stunden später kommen wir bei unseren nächsten Gastgebern, ein Lehrerpärchen in Jacksonville, an, sehr tolle Menschen und ich verliebe mich in die amerikanische Gastfreundlichkeit. Ich erzähle von meinen Ängsten und dem Gespräch mit dem Pärchen am Tage. Die Angst verflüchtigt sich, das Problem mit der Navigation leider nicht.
Weitere drei Tage mache ich mir das Leben ohne Navi schwer.
In St.Augustine, bei Mari-Jane und Familie erhalte ich die freundliche Leihgabe eines Navis bis zum Ende unserer Reise und ich erlebe wieder einmal wie herzlich sich das Reisen fernab vom Pauschaltourismus anfühlt. Am Abend fahren wir samt Kindern durch die Gegend und bestaunen die weihnachtlich dekorierten Häuser, die hier förmlich an einen Wettkampf erinnern. Jeder schmückt was das Zeug hält und wer es nicht tut, ist der Grinch ! Herrlich wie hier alle Klischees bedient werden.




Unsere Route zieht uns weiter gen Süden an der Küste entlang, via Daytona Beach, um dann Richtung Orlando vorzudringen, genauer gesagt nach Celebration, eine eigens von Disney in den 60ern entwurfene Stadt. Hier ist nun wirklich alles geregelt, die Höhe der Grashalme, die Gießzeiten für Blumen, die Farben der Vorhänge müssen in harmonischer Abstimmung zum Nachbarn sein, Hecken dürfen nur eine gewisse Höhe haben, es gibt keine Umzäunungen und noch viele andere Dinge, die ein harmonisches und perfektes Stadtbild abgeben sollen. Aus irgendwelchen Gründen gefällt es mir hier sehr, vielleicht hat das auch was mit Feng Shui zu tun. Eine absolute Einzigartigkeit hier gibt es am Wochenende in Downtown, hier lassen sie es schneien bei 30 Grad. Stündlich fliegt hier am Abend Schaumschnee durch die Luft, begleitet von traditioneller Weihnachtsmusik. Die Kinder schaffen es selbst auf diesen Schaumboden noch Schneeengel zu zaubern, was für eine Freude für groß und klein.


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snowtime in Celebrat...

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Für Disney World halte ich Jannik noch zu klein, aber Seaworld kann ich mir nicht verkneifen, auch wenn ich die Unterbringung dieser tollen Tiere für indiskutabel halte. Das innere Kind in mir brennt darauf und es scheint mir als ein absolutes Grundbedürfnis, das sofort gestillt werden muss ! Der stolze Preis von 87$ plus der Parkgebühren von 15$ hinterlassen einen faden Beigeschmack. Das Gefühl, dass mich bei der perfekt ausgearbeitenden Delphinshow überkommt, ist unbezahlbar und selbst von der Orkashow nicht zu toppen. Ich fühle mich das erste Mal amerikanisch, frei und vom Wind getragen und auch Jannik ist völlig begeistert von diesen Tag. Am Abend gibt es für unsere bezaubernde Gastgeberin Adri selbstgekochtes Essen, Labskaus á la Hausfrauenart, während Jannik die Veranda fegt. Wir bleiben einen Tag länger als geplant und genießen einen Tag des Herumschlenderns, vorbei an den perfekten Häusern und leben einen Tag lang den amerikanischen Traum.


walkingtime in Celeb...

Celebration Downtown...

Flamingos in Florida...

Sea World Orlando, F...



Der nächste Tag beginnt früh, denn wir haben einen langen Weg vor uns, rund 299 Meilen sollen es heute werden, weil uns eine Gastfamilie in Pompano Beach abgesprungen ist. Es geht nun nach Boca Raton, einen neureichen Vorort von Fort Lauderdale, wobei Vorort ja hier immer ganz andere Größendimensionen hat. Auf den Weg nach Boca Raton habe ich zwei neue Dinge gelernt, das erste war, dass Palm Beach, wo wir einen Zwischenstop einlegen, so gar nicht amerikanisch wirkt, weil hier kein Kontrast zwischen reich und arm sichtbar ist, was sehr untypisch ist und mich zu dem einzigen Schluss kommen lässt, dass es hier kein arm gibt. Die Tatsache, dass sich an der Kreuzung Mustang und Ferrari treffen, hat meine These dann nur unterstrichen. Neben viel Reichtum in materieller Hinsicht, hat Palm Beach aber auch traumhafte Strände zu bieten.


Little Crocodile in ...

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Palm Beach, Florida....



Die zweite Sache, die ich an diesem Tag gelernt habe, ist wie wichtig es ist in bedrohlichen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Alles ist bestens als plötzlich ohne Vorankündigung, ein heftiger Platzregen mitten auf den Interstate über uns einbricht. Sowas habe ich noch nie erlebt, maximale Sichtweite von 1m, gestrandetete und gecrashte Autos am Straßenrand und vom Aquaplanning will ich gar nicht reden. Weit und breit keine Ausfahrt und total verrückte Amis, die solche Situationen scheinbar gewohnt sind und nicht wirklich vom Gas gehen. Was bleibt mir übrig? Beten ist unpassend wegen der faltenden Hände, also singe ich zusammen mit Jannik das "liebe liebe Sonne Lied" gefühlte 200 mal und bemühe mich genauso gelassen zu sein wie der Rest der Verrückten auf der Straße. Ich sag euch, ich war mehr als nur froh, als wir endlich heil in Boca Raton angekommen sind.
Über Fort Lauderdale geht es weiter nach Miami, hier stehe ich das zweite Mal Todesängste aus und denke wieder an die Warnungen meiner Mutter. Das Navi führt uns durch einen Vorort, genauer gesagt durch einen Slum und das ganze erinnert mich an eine Szene aus "Gangsters Paradise", herumlungernde Afroamerikaner vor den heruntergekommenen Verandas und herausblitzende Waffen an den halb heruntergelassenen Hosen. Nun fällt mir wieder ein, dass Florida der Bundesstaat mit dem liberalsten Waffengesetz ist. Ich kreuze diese Strasse nur fünf Minuten, aber glaubt mir, diese fünf Minuten fühlten sich wie Stunden an. Schweißgebadet komme ich an der schönen Seite Miamis an, dafür aber in ein Haus mit 28 Stockwerken an der Brücke zu Miami Beach, aber hey mit Pförtner und Security fühl ich mich sicher. Carol, unsere Gastgeberin wohnt im 24. Stock, uffff, das ist hoch.
Ich habe 3 Tage in Miami eingeplant, weil ich dachte, soviel Zeit brauche ich. Schätze mit einem Tag wäre ich auch ausgekommen. Einmal durch das Art Deco schlendernd und sich fühlen wie in Miami Vice, die vorgeparkten Yachten bestaunen, erstaunlich viel spanisch hören und dann verbringen wir noch einen tollen Tag auswärts von Miami, im Key Biscayne Statepark, wo wir einen wilden Waschbären von der Restaurantveranda mit Pommes füttern und einen Tag im Childrens Museum. Diese Museen sind der absolute Hammer und ich wünsche mir sowas auch in Deutschland, denn es ist so simpel. Die Welt der Großen einfach mal in klein nach gebaut, hier können sie Doktor, Feuerwehrmann, Verkäufer, Gärtner, Ingeneur und und und sein. Es bereitet mir unendlich viel Freude, Jannik einfach nur zu beobachten, wie er Stofftomaten pflanzt, Schwebebrücken über den Keys bewegt oder den Notruf der Feuerwehrzentrale betätigt.


Miami, Florida.JPG

Miami Beach, Florida...



Nach drei Tagen geht es dann weiter auf dem Highway Richtung Florida Keys mit ersten Stop auf Key Largo, die größte der über 200 kleinen Inseln zwischen dem atlantischen Ozean und dem Golf von Mexico. Hier hab ich wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. In einem kleinen Häuschen auf Stelzen hostet Xochi, unsere Gastgeberin, zur selben Zeit eine Horde Surfer, so dass wir allesamt auf den Boden schlafen und noch bis tief in die Nacht die tollsten Geschichten teilen. Dieses Leben gefällt mir immer mehr und ich merke es geht schon lange nicht mehr nur um Urlaub, es wird zu einer Art Lifestyle. Ich genieße die vielen tollen Emotionen und freue mich, dass ich Janniks Charakter auf diese Art und Weise bereichern kann.
Weiter gehts auf der 7-Mile-Bridge Richtung Key West mit Stop auf Sugarloaf Key, Long Island Key (mein absoluter Favourit) und Bahia Honda Key.


Bahia Honda Key, Flo...

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Long Key Statepark, ...



Auf Key West suchen wir zunächst verzweifelt die hochgelobten schönen Strände, um dann festzustellen, der Tourismus hat sich so breit gemacht auf diesem kleinen Island mit karibischen Flair, dass die wenigen öffentlichen Strände einfach mal so schmal sind, dass weder Platz noch Idylle die Chance auf Beständigkeit haben. Wir verbringen den Tag mit leben, einfach nur sein, Jannik stolziert mit seinem Nachziehkrokodil den Bordstein rauf und runter, hebt heruntergefallene Kokosnüsse auf und lässt sich kulinarisch am Strandrestaurant mit echter italienischer Pasta verwöhnen, zum stolzen Preis von 20 $. Aber hey, wir sind auf Key West, am Ende des Regenbogens sagt man hier, da kann man auch mal den Topf voll Gold in dem Pastagericht suchen. Apropos Regenbogen, wer es nicht weiß, dem sei jetzt nochmal gesagt, dass Key West das Mekka der Schwulen und Lesben ist, ich fühl mich wohl hier ;) Wir spazieren die Duval Street entlang, in der schon überall Silvestervorbereitungen laufen, obwohl noch nicht mal Weihnachten ist. wir verbringen Zeit mit Shopping von Kleinigkeiten, ich beobachte das betrunkene Partyvolk durch die offenen Barfenster und frage mich an dieser Stelle, ob ich auch mal so war........keine Antwort an dieser Stelle !!! Wir schlendern bis zum Sunset Pier am Mallory Square, wo sich Künstler wie Artisten, Musiker und Magier um den besten Platz streiten. Mittlerweile neigt sich der Tag farbenfroh dem Ende zu und während ich einen der traumhaftesten Sonnenuntergänge bestaune, den ich je gesehen habe, Segelboote im Rot des Horizonts verschwinden, ein Mann auf Einrad mit Fackeln jongliert, haucht mir ein Strassenmusiker vertraute Texte von Louis Armstrong ins Ohr....."I hear babys crying, i watch them grow, they´ll learn much more than i´ll never know and i think to myself, what a wonderful world, yes i think to myself what wonderful world" An dieser Stelle kann ich mir eine Träne nicht verkneifen, denn er hat so recht mit seinen Worten, ich sauge den Moment auf, kaufe ihm eine CD ab, die mich für den Rest der Reise begleitet. Selbst auf die Distanz geschrieben und mit dem Song im Hintergrund fühle ich jeden einzelnen Moment dieser Begegnung aufs Neue. Ich liebe die Welt in all ihren Facetten.
Ich trenne mich nur ungern von dieser umsagenen Wolke aus Zauberheit und simples Dasein, aber Jannik wird zunehmend unruhig und sucht Bewegung.




smiling at Key West....

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expensive Pasta at K...

end of the rainbow, ...

Sunset Key West.JPG

Mallory Square, Key ...

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Lets take the Croco ...



Vier Tage vor Heiligabend verlassen wir die Florida Keys mit einem Gefühl von Freiheit und Glück, die Cd des Straßenmusikers tönt rauf und runter, das Wetter ist herrlich und ich fühle mich Weihnachten so fern wie noch nie. Durch die Everglades fahren wir zu Jane nach Naples. Auf dem Tamiami Trail, der Miami mit Naples verbindet, bietet sich eine äußerst interessante Sumpflandschaft. 4 Stunden später erreichen wir Naples und erleben wieder einmal eine Gastfreundlichkeit, die in Worte kaum zu fassen ist. Wer kennt sie nicht, diese Menschen, die so viel Liebe und Zuversicht in sich haben, dass es sie förmlich zum leuchten bringt? Jane ist so ein Mensch und ich fühle mich ihr vom ersten Moment an sehr nahe und auch Jannik hat sie sehr gern. Am nächsten Tag bekommen wir das Sightseeing Programm und fahren durch die teuren Golfbezirke, man könnte meinen, es handelt sich um eine reine Golferstadt hier. Auch die Everglades und eine Alligatorfarm stehen auf dem Programm. Jannik und ich genießen den Tag sehr. Wir füttern Fische, streicheln und halten echte Alligatoren und sehen so gar einen freien Alligator. Auf den Weg zurück bestaunen wir noch das kleinste Posthaus der USA. Den Abend beenden wir mit einem Strandspaziergang und einem Traumsonnenuntergang, danach gehen wir noch gemeinsam essen und am nächsten Tag gibt es noch ein Lunch auf Marco Island, einer absoluten Trauminsel, hier scheint das blau blauer zu sein und das gelb gelber und überhaupt liebe ich dieses maritime Flair und ich liebe den Golf von Mexico, der mir soviel mehr bietet als der atlantische Ozean in seiner Rauheit.




Es fällt mir sehr schwer einen so lieben Menschen zu verlassen, aber es ist nun Heiligabend und unsere nächste Station in Port Charlotte bei einer Famillie, die uns erlaubt mit ihr das Weihnachtsfest zu verbringen, rückt näher. Wir verbringen den heiligen Abend mit der Gastmutter Michelle in der Kirche und ich erlebe etwas so anderes als es in Deutschland der Fall gewesen wäre, Rockbands auf der Bühne, tobender Applaus, eine tolle Predigt und ich fühle mich dem Himmel sehr nah. Jannik findet es im Kindergottesdienst nicht sonderlich gut, so dass ich wieder zurrück geholt werde.




Ich bin schon bangig aufgregt, unsere ersten amerikanischen Weihnachten, all die vielen Weihnachtsfilme ziehen grad an meinem geistigen Auge vorbei, strahlende Kinderaugen überall, alle sitzen noch im Pyjama zusammen, während die Geschenke aufgerissen werden.....haaaach wie schön. Ich habe für Jannik eine Puppenkarre bei Walmart organisiert und die mit einem Flammenstoff und Piratenaufkleber von ihrem rosa Teint befreit, Jannik hat sich riesig gefreut und hat fortan sein Holzkroko und seinen Ernie darin spazieren gefahren. Nach drei Tagen tollen amerikanischen Weihnachten zieht es mich noch einmal zu Jane nach Naples zurück, wir verbringen einen tollen Tag und treffen eine Freundin von ihr zum Essen, die grad ein schweres Schicksal erlitt und ich bewundere erneut dieses helle Leuchten, das sie umgibt, in der ganzen Art wie sie sich um ihre Mitmenschen kümmert. Ich nehme mir vor, einen Teil von ihr mitzunehmen und auf ewig zu verwahren.
Jannik und ich fahren am nächsten Tag erst, aber dafür sehr früh nach Fort Myers, der City of Palms wie sie genannt wird, zu Nadene in eine Gated Area mit Pool und allen Annehmlichkeiten, die man sich nur wünschen kann. Nadene kommt grad von einer Radtour aus Thailand zurrück und ich lausche gespannt ihren Reiseberichten. Sie hat drei Jobs, was in Amerika nicht ungewöhnlich ist, um sich diesen Lebensstandard zu erlauben und die wenige Zeit, die ihr noch übrig bleibt, widmet sie ganz und gar dem Radfahren. Ihr Reiseverhalten imponiert mir sehr und das erste Mal frage ich mich, ob ich diese Reise auch mit dem Rad hätte machen können. Wir bleiben länger in Fort Myers als geplant, da unsere nächsten Gastgeber uns kurzfristig abgesagt haben. Wir fahren zum Fort Myers Beach, ins Freilichtmuseum und nach Sanibel Island für eine traumhafte Radtour. Ich genieße dieses vertraute Gefühl des Vorankommens und bin auf ganzer Linie glücklich. Jannik und ich bestaunen die heimische Tierwelt, sehen sogar Alligatoren und Schildkröten.




Am 1. Januar zieht es uns ein weiters Mal zu Jane, denn sie möchte uns gern ihrer Kirchengemeinde vorstellen, ich freue mich auf ein Wiedersehen und auch für Jannik scheint sie eine so vertraute Person geworden zu sein, dass er ihr freudestrahlend entgegenläuft. Ich erlebe einen der tollsten Gottesdienste, die ich je erlebt habe, eine Predigt, die mich auf ganzer Linie berührt, eine Gesangsstimme, die mich noch bis in den Traum begleitet. Ich habe selten etwas so fantastisches erlebt und unterhalte mich noch lange nach der Predigt mit dem Pastor, der mich allein durch seine bloße Anwesenheit positiv bereichert, wir reden über Träume und Wünsche und über Nächstenliebe. Mir gefällt der direkte Kontakt hier zu den Kirchenmitgliedern und das Predigen der Bibel auf den normalen Alltag ausgelegt, mit dem sich vor allem die jungen Menschen viel deutlicher identifizieren können. Erfüllt verlasse ich Jane und die Kirche wieder.
Auf den Weg zurrück nach Fort Myers machen wir noch Halt im Fun Lagoon, einen tollen Freibad mit jeder Menge Entertainment für die Kleinsten, unter anderem einen kleinen Wasserkarussell. Jannik kriegt sich kaum noch ein vor Freude und ich sauge seine Freude darüber förmlich auf, es tut so gut, sein eigenes Kind so glücklich und ausgelassen zu sehen und ich frage mich, ob wir Erwachsenen nicht viel öfter kindliches Verhalten annehmen sollten.
Wir bleiben noch einige Tage in Fort Myers, fahren nach Downtown, bestaunen das Art District mit seinen bunten und fröhlichen Wandmalereien und besuchen  den Lake Park mit einer bezaubernden kleinen Lok, die eine kleine Reise dreht, auf der man sitzen kann und wieder einmal sitzt das glücklichste Kind der Welt vor mir. Nicht weil es alles tun darf, sondern weil es alles sehen darf.





Die schönste Insel, die wir noch besuchen ist Pine Island, wer irgendwann mal in Florida ist, sollte sich diese kleine Insel nicht entgehen lassen. Ich hab selten etwas so schönes gesehen, besonders der Weg vorbei an den bunten kleine Kunsthandwerkerhäuschen imponiert mir sehr, auch der kleine Ortskern ist ein Spielparadies für Jannik und der kleine Tante Emma Laden wirkt so fern vom großen Amerika. Hier scheint die Welt still zu stehen, und es bleibt Zeit für ein tiefes Einatmen und Augenschließen. Ich horche dem Meer und rieche das Grün, schmecke das Salz in der Luft und spüre den Sand unter meinen Füßen, das Leben kann so schön sein. Dieses kleine Paradies im Golf von Mexico wird immer wieder emotionale Erinnerungen in mir wecken. Und da ist wieder einer dieser Momente, in denen ich mich frage wie das Leben weiter geht und ob ich nicht einfach hier bleibe.





Es zieht uns weiter entlang an dem fantastischen Golf von Mexico,mit Stops auf Boca Grande, in Venice Beach und am Siesta Beach, den No.1 Beach in Amerika. Der Sand hier ist feiner wie Puder, heller als jeder andere Sand, erinnert mich ein wenig an diesen tollen Zaubersand für Kinder, der sich wie Knete formen lässt und gleichzeitig wieder zerfällt. Michelle hat mir erzählt, hier soll es die schönsten Sonnenuntergänge geben und genau dafür sind wir hier. Nachdem Jannik diesen fantastischen Pudersand in all seinen Facetten probiert, angefasst, verrieben und verbuddelt hat, bestaunt er mit mir den Zauber der Farben, als die Sonne vor einem Meer aus Zuschauern am Horizont untertaucht. Ja, es war ein wahrlich toller Moment und wieder einmal wird mir bewusst welch ein Glück ich habe, genau in diesen Moment hier zu sein.




Unser Weg führt weiter nach Tampa, wo wir erneut ein sehr spektuläres Childrens Museum besuchen, in dem Jannik allein drei Stunden nur im Eingansbereich verbringt. Ich habe mir abgewöhnt, mein Kind mit der Vielfalt zu überfordern und ihm den Willen meines eigenen inneren Kindes, alles zu sehen und alles mal zu benutzen, aufzuzwängen. Stattdessen lass ich ihn diese gigantische Spielelandschaft in seinem eigenen Tempo erleben, auch wenn das bedeutet villeicht nicht weiter als bis zur Eingangshalle zu kommen. Den Abend lassen wir mit einem weiteren atemberaubenden Sonnenuntergang am Boulevard Shore ausklingen. Am nächsten Tag besuchen wir den Tampa Zoo und erleben einen der tollsten Zooanlagen, die ich je gesehen habe. Mir gefällt die Aufteilung hier sehr, von einem zentralen Punkt aus kommt man zu den verschiedenen Tieren, die nach Kontinenten aufgeteilt sind. Der Streichelzoo, eingebunden in eine nachgestellte Bauernhoflandschaft, rundet das ganze ab. Wir erlebten einen weiteren atemberaubenden Tag, der sich mit Kosten von 25 $ auch noch gut verkraften lässt, Kinder unter 3 sind frei.




Wir folgen dem Golf weiter entlang der Westküste Floridas und machen immer wieder Stops auf bezaubernden kleinen Inseln wie Boca Grande oder Honneymoon Island von der man mit der Fähre für 14$ nach Caladesi Island gelangt. Sie gehören dieser kleinen maritimen Zauberwelt an mit ihren ganz eigenem Flair und ich empfehle jedem, vor allem mit Kindern, mindestens einer dieser kleinen vielen Inseln an Floridas Westküste einen Tagesausflug zu widmen.




Wir erreichen St.Petersburg bei Regen, was uns aber nicht stört, denn wir planen den Tag im Dali-Museum ein. Mit 13 besuchte ich bereits sein Museum in Barcelona und war sofort Feuer und Flamme mit seinen Werken, diese aber mit einem Kleinkind zu bestaunen, bringt eine neue Herausforderung für mich. Ich versuche Jannik für die Kunstwerke zu begeistern, tatsächlich hat er aber am meisten Spaß an der Bank mit der typischen Form der verflossenen Uhr, die so charakteristisch für seine Kunst ist. Nichts desto trotz gelingt es mir, den Tag auch für mich zu genießen.




Am Abend lerne ich einen der interessantesten Menschen überhaupt kennen, Gina. Eine absolute Powerfrau, alleinerziehende Mutter von zwei fast erwachsenen Jungs, hat mit Pferd und Rad schon fast ganz Amerika durchquert, liebt ihre Huskies über alles, ist eine leidenschaftliche Tänzerin und hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre positiven Samen in andere Seelen zu verpflanzen. "Open your home to Strangers" lautet ihre Devise und damit holt sie Menschen von der Straße, gibt ihnen kostenlos ein Zimmer in ihrer Garage und damit die Chance, ihr Leben wieder selbst zu bestimmen. Das einzige, was sie fordert, ist der Verzicht von Alkohol und die Suche nach einem Job, um das von ihr gestellte Zimmer innerhalb der nächsten 6 Monate selbst zu zahlen. Ihre Rechnung ging fast immer auf, nachdem mindestens ein Rückfall in Form von Alkoholexzessen und der damit verbundenen Konsequenz des Rauswurfs, eintraf. Ich bewundere diese Frau für ihren Mut,ihre Aufopferung und ihren Kampfgeist. Wir verbringen einen fantastischen Abend auf Treisure Island mit einem Drum Circle, der jeden Donnerstag und Sonntag Abend dort statt findet. Jannik kann sich kaum einkriegen vor Freude als er die vielen Trommeln sieht.





Mit vielen neuen Eindrucken bahnen wir uns den Weg Richtung Tallahasse, der Hauptstadt Floridas. Wir machen noch Halt in Crystal River, ein Ort, der für seine Seekühe bekannt ist, die sogar einen Morgen an unseren Fenster vorbei ziehen. Unbedingt zu besuchen ist der Homosassa Springs Wildlife Statepark. Wir bleiben zwei Tage in Gainesville, der Universitätsstadt Floridas. Ich lerne dort Beth kennen, 28 und Mutter von fünf Kindern, wovon die letzten drei von ihr allein und ihrem Mann Damian zur Welt gebracht wurden. Mit Bewunderung betrachte ich deren Alltag, der geprägt von Energie, Fröhlichkeit und Freiheit , ist. Und ich bin dankbar für jeden Moment, den Damian und Beth mit uns teilen. Der Höhepunkt unseres Aufenthalts ist ein Ausflug in die Higher Springs, wo wir Kayak fahren. Damian erzählt mir von seinem Traum fernab von der Gesellschaft im Wald ein Haus zu kaufen und so gut es geht dort autark leben leben zu können, während Jannik sich dem Rest des Familienclans anhängt und im Wasser planscht, wo er dann unfreiwillig tauchen geht, weil er sich etwas selbst überschätzt. Ich verlasse diese imponierende Familie nur ungern, gestehe mir aber ein, dass sie noch bis heute einen bleibenden Einfluss bei mir hinterlassen haben.
In Tallahasse bleiben wir zwei Tage bei Kim und Dina in einem beeindruckenden Haus, bekommen eine Privatführung der Universität, ein riesengroßes Lunchpaket und soviel Herzenswärme, dass es für Tage reicht. Wir lernen die Stadt ein wenig kennen und erfahren, dass einzig und allein die Lage dafür verantwortlich ist, dass diese Stadt zur Hauptstadt Floridas geworden ist. Ich freue mich sehr, die beiden kennen gelernt zu haben.
Nun geht es an einem sehr langen Tag nach Pensecola und wir sind fast 5 Stunden on the road, eine eher unspektakuläre Strecke. In Pensacola besichitgen wir das Naval Air Station Museum und ich bin beeindruckt von einem weiteren Homeschooling Jungen, der mir sein Detailwissen über jedes Teil der Flugzeuge erläutert, unfassbar. Er hat 8 weitere Geschwister und der Grund weshalb Florida im Verhältnis zu anderen Bundesstaaten viele zuhause unterrichteten Kinder hat, liegt vor allem in dem schlechten Schulstandard. Wir alle kennen die amrikanischen Highschoolfilme, in denen nicht selten Mobbing, Drogen und Gewalt eine Rolle spielen und diese Filme entsprangen laut Aussage vieler hier leider nicht nur bloßer Phantasie. Ich würde mir für Deutschland auch wünschen, ein wenig flexiber mit der Schulpflicht umzugehen, mal sehen, wie wir es handhaben werden, wenn Jannik schulpflichtig wird.
Von Pensacola geht es zurück Richtung Tallahassee vorbei an einer atemberaubenden Küste, der Panhandlecoast, wie sie genannt wird. Wir machen Stop in Panama City Beach,eine niedliche kleine Stadt an der Golfküste mit bunten Häusern.




Zügig geht es weiter und spät am Abend erreichen wir erneut Kim und Dina in Tallahassee, wo wir mit einem Abendessen begrüßt werden. Dina hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns mit dem tollsten Spielplatz (Tom Brown Park) in der Umgebung bekannt zu machen, bevor unsere Fahrt weiter Richtung Zentralflorida geht. Wir machen noch einmal Halt in Crystal River, bevor es nach einer ausgeruhten Nacht ein weiteres Mal nach Celebration geht. Auf den Weg dorthin halte ich auf Anraten vieler Einheimischen an einen der vielen Felder und Orangenplantagen, wo mexikanische Gastarbeiter unter sehr schlechten Bedingungen wenig Geld verdienen. Sie leben zusammen gekehrt in kleinen Wohnwagen und arbeiten teils bis zu 18 Stunden am Tag, niemand weiß, wieviele davon überhaupt legal hier sind. Das ist eine traurige Kehrseite von Florida, die den meisten Touristen nicht bekannt ist. Ich bin dankbar, dies gesehen zu haben, denn es verdeutlicht immer wieder, dass jedes Paradies auch seine Schattenseiten hat.
Unsere Zeit in Florida neigt sich langsam dem Ende zu und wir erreichen Mary-Jane in St.Augustine, wo wir das Navi dankend zurück geben und uns einen großen Koffer zulegen für all die gesammelten unsinnigen Kleinigkeiten, an denen ich nicht vorbeikam und die an Masse im Kofferraum unseres Mietautos leicht unterschätzt wurden. Dieser zusätzliche Koffer schlägt dann am Flughafen in Jacksonville gleich nochmal mit 100$ Übergepäckskosten nieder, da mir wegen der langen Wartezeit an der Mietwagenstation, leider ein Umpacken nicht mehr möglich ist. Das kommt davon !
Unser Flug geht nach Boston und das im Februar. Man hat uns überall für verrückt erklärt direkt aus dem warmen Florida in das kalte Boston zu reisen und Janniks Worte bei Ankunft waren kurz und bündig.......brrr,kalt! Damit trifft er es auf den Punkt. Wir organisieren uns erstmal ein Essen in einer Foodlounge und nutzen das öffentliche Wc zum Leidwesen der Angestellten als Wickel-, Wasch- und Umkleidestation. Wir bleiben 3 Tage in Boston und sehen uns, na klar, die weltberühmte Harvard University an, schlendern ein wenig durchs Univiertel, wärmen unsere fast erfrorenen Finger an heißen Getränken auf und genießen den Augenblick, einfach hier zu sein.
Am nächsten Tag lernen wir ein weiteres überragendes Childrens Museum kennen und genießen es sehr, uns nicht in der Kälte aufhalten zu müssen. Die Außentemperaturen liegen aktuell bei -5 Grad, zur Erinnerung, zwei Tage zuvor waren es noch +32 Grad. Trotz der Kälte bereue ich es nicht, diesen Stop in Boston eingelegt zu haben und erneut wahnsinnig tolle Menschen kennen gelernt zu haben.
Mit dem Amtrak Zug geht es dann über Nacht von Boston erneut nach Washington DC, die Fahrt ist sehr beschwerlich, da in unserem Abteil ein Betrunkener mitfährt, der ständig raus und rein läuft, Selbstgespräche führt und immer wieder knisternd seine Chips futtert. Ich ärgere mich ein wenig über die sonst so resoluten Amerikaner, dass sie dies geschehen lassen. Ich traf in Philadelphia eine Frau, die eine Nacht eingesperrt wurde und ein Wochenende zum Benimmkurs musste, weil sie sich nach dem Genuss von Alkohol am Bahnhof übergeben musste, öffentliches Trinken ist mancherorts eine Straftat, in diesem Zug scheint zumindest das Resultat geduldet zu werden.
Erschöpft erreichen wir Washington und treffen uns mit der Freundin aus Deutschland, nachdem wir erstmal ein wenig nachgeschlafen haben. Am nächsten Tag geht es dann wieder weiter nach Philadelphia mit dem Bus und wir verbringen zwei tolle Tage mit Erin and family. Unter anderem besuchen wir ein weiteres Childrens Museum, welches mein absoluter Favorit ist, weil es die Welt von Alice im Wunderland nachgestellt hat und Jannik soviel Spaß hier mit Mica hat.




Wehmütig verlassen wir Philadelphia mit dem Wissen, dass unser Flieger in zwei Tagen zurück nack nach Hause geht.
Unsere vorletzte Nacht ist zugleich unsere letzte Couchsurfing Nacht in Amerika. Wir lernen Shirley kennen, sie wohnt am Hudson River und hat einen beeindruckenden Ausblick und jede Menge tolle Reisegeschichten aus Indien und Thailand. Ich lausche lange ihren Geschichten ehe mir die Augen zufallen und bedanke mich am nächsten Morgen für die informativen Tips.




Für die letzte Nacht habe ich mir etwas besonderes aufgehoben, einen Hotelgutschein für das Hilton Hotel am Times Square. Bewusst zum Ende gewählt, mit der Möglichkeit, die letzten drei Monate noch einmal revue passieren zu lassen, ohne die Gedanken oder Emotionen mit anderen zu teilen. Und ein fast unglaubwürdiger Zufall ergibt, dass 10 Stockwerke über mir ein Freund aus Hamburg zur gleichen Zeit im Hotel ist und wir schon seit Ewigkeiten versuchen uns zu treffen. Er ist mit einem Freund auf New York Tour und tatsächlich haben sie just eine Stunde vor meinem Eintreffen einen Citypass gefunden, den sie mir zur Verfügung stellen und der mir ermöglicht all die tollen Sachen in New York zu machen, also schließe ich mich den Jungs an und mache die Nacht zum Tag, packe Jannik gut ein in meine Tragehilfe, so dass er seinen Schlaf erhält, während ich auf dem Empire State Building tanze und da passiert es plötzlich, ich verliebe mich in diese Stadt, die niemals schläft und da ist wieder diese Zeile in meinem Kopf "I want to be a part of it, New York, New York.....I wanna wake up in a city that never sleeps, and find i´m king of the hill, top of the heap, New York, New York"......


View from Empire Sta...



All der Trubel, die Hektik, der stockende Verkehr und die hohen Häuser, die mich drei Monate zuvor noch so überfordert haben, fügen sich mir jetzt fast wie ein Puzzlestück in ein ganzes Bild und ich begreife, dass meine anfängliche Abneigung eine andere Art von Angst vor dem Unbekannten in geballter Ladung war und erst jetzt, wo ich die amerikanische Kultur verstehe und ein Stück mit ihnen gelebt habe, quasi in ihren Alltag eingetaucht bin und es mir so vertraut geworden ist, fühl ich mich wie ein Teil vom großen Ganzen und welche Stadt könnte das besser repräsentieren als New York? Ich verdränge den Gedanken, nach Hause zu müssen und auch den Gedanken,bald wieder arbeiten zu gehen und lebe nur im Jetzt und mache die Nacht zum Tag und genieße jeden Augenblick, eins mit Jannik, der an meinem Herzen schläft.
Als unser Flugzeug am nächsten Tag abhebt, vergieße ich ein Träne und bin unendlich dankbar für die tolle Zeit und die vielen tollen Menschen, die mir ihre Tür und Herzen geöffnet haben.




Ich würde es immer wieder machen und bereue nicht einen Moment, diese Reise trotz einiger Warnungen gemacht zu haben. Frei nach dem Motto, wer nicht wagt, der nichts gewinnt und ich habe soviel gewonnen an Erfahrungen und auch Jannik hat einen Riesensprung gemacht, ich bin unendlich stolz auf ihn.
Zuletzt einmal der Kostenpunkt dieser Reise, der sich bei 4000 Euro inkl. aller Kosten wie Flug, Versicherung, Mietwagen, Verpflegung, Eintrittsgelder etc. einpendelt. Ich schätze mal in Deutschland hätte ich inkl. Mietkosten das gleiche in drei Monaten ausgegeben. Ich möchte damit einfach ausdrücken, dass Reisen weder teuer noch voller Verzicht sein muss und es mit ein wenig Konsequenz und Mut jeder wagen kann und sollte, der davon träumt.

Mit dem Rad auf Deutschlandtour Juni 2011


Jannik war gerade ein Jahr geworden, als mir die Decke auf den Kopf fiel, die gefühlten 498 städtischen Spielplätze mit dem Rad erkundet waren und ich mir dachte, warum nicht mal wieder anders sein? Gesagt getan !

Der Reisegutschein von Mutti sollte die Grundlage schaffen. Mein bei Ebay ersteigertes Rad im Wert von 30 Euro unser Gefährt, dazu noch der gute Kettlerkindersitz, ein kleines Zelt und ein Schlafsack, 3 Sätze Kleidung und das alles gebündelt in einen kleinen Ortliebsack vorne im Körbchen verstaut.

Ich habe mich für die Route von Köln bis nach Trier entschieden, den guten Radweg an Rhein und Mosel entlang. Unsere erste Etappe war die Zugfahrt mit dem Schönen-Wochenend-Ticket via Regionalzügen nach Köln, alle Mitfahrer waren bereits über Mitfahrgelegenheit zusammen gestellt. In aller Früh ab zum Bahnhof, um dann festzustellen, dass auf einen Sonntag die Regionalbahn zum Hauptbahnhof erst eine Stunde später verkehrt. Was nun? Nützt nix, ab aufs Rad und im Eiltempo in aller Früh und noch halb schlafenden Kind hinten drauf zum Hauptbahnhof, 5 Minuten vor Abfahrt angekommen.......puhhh. An dieser Stelle sei nur gesagt, dass ich bei Ankunft im Zug die Hälfte meines Wasservorrats geleert habe.
Bis nach Köln mussten wir 4mal umsteigen, Mitfahrer wechseln,das Fahrrad Treppen rauf und Treppen runter schleppen, mal mehr und mal gar keine Zeit auf dem Bahnsteig verbringen. Jannik fand es total aufregend und erkundete die Fahrradabteile der Regionalzüge. Nach einem langen Tag und deutlich mehr Muskelkraft als geplant, sind wir dank der vielen verschiedenen Mitfahrer so gar noch mit 20 Euro Taschengeld in Köln angekommen. Nur kurz für Unwissende, über die Mitfahrgelegenheit kann man seine Strecke einstellen und Kosten durch Mitnahme von anderen auf ein Gruppenticket sparen, in meinen Fall waren es soviel verschieden Strecken, dass ich so gar mit einem Plus rausgekommen bin.
Den restlichen Tag verbrachten wir in Kölns schöner Altstadt und nächtigten im Anschluss in der Jugendherberge, in der ich mir am nächsten Morgen den Bauch mit Unmengen an Kalorien voll schlug um die anstehenden 70 km zur nächsten Jugendherberge nach Bad Neuenahr-Ahrweiler zu schaffen. Als ich gegen Mittag realisierte, dass ich noch immer die Hälfte des Weges vor mir hatte, ahnte ich, dass es noch ein langer Tag werden würde. Nach gefühlten 30 Stunden Radfahren, 9 Spielplatzpausen und zwei Flussüberfahrten dann die ersehnte Ankunft in Bad Neuenahr-Ahrweiler um 17 Uhr, um dann festzustellen, ich bin in einen Kurort gelandet, der sich auf Schönheit spezialisiert hat. Mit meinen ausgeblichenen Radshirt, den farblich nicht abgestimmten Hosen und meine mit Farbklecksen verzierten Crogs zog ich in dieser Fussgängerzone mehr als nur einen Blick auf mich. Es fühlte sich ein wenig so an als hätte man sich auf einer Party betrunken eingenässt und sucht nur noch den Ausgang.
Perfektion ist etwas schönes, solange sie ehrlich bleibt, Oberflächlichkeiten sind mir zuwider.
Ich entscheide mich am nächsten Tag wegen etwas schlechtem Wetter und dem verzweifelten Versuch, mit einem geliehenen Kompass durch den Wald gen Süden zu radeln, um die kürzeste Luftstrecke zu nehmen, doch mit dem Zug ein Paar Stationen Richtung Mayen zu fahren. Als mir ein Fussgänger nach den ersten zwei Hügeln verriet, es folgen noch 6 weitere, befolgte ich seinen Ratschlag einfach wieder umzudrehen.
Als ich mich für die Jugendherberge in Mayen entschieden habe wegen des tollen Ausblicks, habe ich natürlich nicht soweit gedacht, woher dieser tolle Ausblick kommt, und natürlich kam es auch so wie es kommen musste, 20 Minuten Berg auf schieben, am Ende meiner Kräfte, das Rad fast wieder samt Kind runter radeln lassend und zu guter Letzt aber mit diesen herrlichen Ausblick belohnt worden. Die Tatsache, dass wir als einzige Gäste vom Hause absolut verwöhnt wurden, entschädigte zusätzlich für die Strapazen.
Am nächsten Tag ging es dann auf den tollsten Radweg, den ich je gefahren bin, dem Maifeld-Radweg über eine alte Bahntrasse bequem über die Höhen der Vordereifel nach Cochem zurrück an den Fluss. Das erste Mal kam unser Zelt hier zum Einsatz auf einen kleinen versteckten Campingplatz ohne Wart. Wir zelteten die nächsten Tage immer wieder entlang der Mosel.
Als Norddeutscher fühlt man eine gewisse Beklemmung, wenn sich links und rechts die Berge auftun, ein Gewitter naht, der Himmel sich schwarz färbt und man glaubt das Tal füllt sich gleich wie ein Wassergraben.
Dann haben wir es geschafft, die älteste Stadt Deutschlands ist erreicht und es macht sich ein Hauch von Stolz in mir breit als wir die Porta Negra erreichen. Wir verbleiben ein paar Tage bei einer Freundin in Trier und machen noch einen Ausflug mit Zug und Rad nach Luxemburg, eine äußerst interessante Stadt mit einen wundervollen Wasserspielplatz.
Der Rückweg nach Hause gestaltet sich deutlich schwieriger als der Hinweg. Drei Tage Gewitter zwingen uns in die Knie und ich entscheide mich für den Zug, natürlich für die günstige Variante, denn für mehr reicht mein Geld nicht mehr. Nach ca. 8 Stunden sind wir fast da, und dann passiert es, dei Lokführer des Metronom haben beschlossen zu streiken, nächste Zugmöglichkeit um 23:15, die aktuelle Uhrzeit ist 19:30.....Was nun? Mit Kind 4 Stunden aufn Bahnsteig inmitten von wütenden Fahrgästen ist nicht gerade förderlich für ein sonniges Gemüt. Am anderen Gleis hält plötzlich ein ICE nach Hamburg, ich fackel nicht lange und entscheide mich dafür, mich in eine Opferrolle zu begeben und die besorgte Mutter mit hungrigen Kind zu miemen, mit mir eine alleinreisende Radlerin, die sich in unser Boot gesellt. Während alle anderen zugestiegenen Fahrgäste ohne Fahrschein tief in die Tasche langen müssen, bleibt für uns die Fahrt kostenfrei. Erschöpft und dennoch zufrieden und glücklich fallen wir zwei Stunden später, nach 3,5 Wochen quer durchs Land radeln, ins Bett.
Fazit der Reise, trotz vieler Hürden in Form von mangelnden Fahrstühlen an Bahnhöfen, streikenden Lokführern, Platzregen und Gewitterfronten und fast unüberwindbaren Steigungen, schliesse ich die Reise mit einem durchweg positiven Gefühl ab. Denn entschädigt wurden wir von tollen Ausblicken, interessanten Gesprächen, überragender Gastfreundlichkeit und ich ganz persönlich vom täglich wiederkehrenden Lächeln meines Sohnes, der besonders die vielen der täglichen Spielplatzbesuche genoss.
Der Kostenpunkt inklusiv aller Ausgaben lag übrigens bei 270 Euro.


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